Rheinische Post - Xanten and Moers
Auf heikler Mission
Am Samstag treffen die beiden Interimstrainer Friedhelm Funkel und Hannes Wolf im Derby aufeinander. Der eine soll Köln vor dem Abstieg bewahren, der andere soll Leverkusen in den Europapokal führen.
LEVERKUSEN Friedhelm Funkel hat keine allzu guten Erinnerungen an die BayArena. Sein bislang letztes Gastspiel in Leverkusen endete mit einer 0:3-Niederlage. Es war sein letzter Einsatz als Trainer der Fortuna. Nach knapp vier Jahren und 138 Spielen war für ihn Schluss in Düsseldorf – und auch insgesamt. Funkel beendete nach der Entlassung seine Karriere. Nichts schien ihn seitdem aus dem Ruhestand locken zu können, doch dann kam der Hilferuf aus Köln. Der mal wieder akut abstiegsbedrohte „Effzeh“brauchte einen ebenso krisenerprobten wie erfahrenen Retter. Der 67-Jährige sagte zu. Zum Einstand wartet am Samstag das Derby in Leverkusen auf ihn (18.30 Uhr/Sky).
Dort trifft Funkel als ältester Coach der Bundesliga auf einen der jüngsten. Hannes Wolf feierte am Donnerstag seinen 40. Geburtstag. Er hat den Auftrag, die Werkself als Nachfolger des geschassten Peter Bosz in den internationalen Fußball zu führen. Im Erfolgsfall könnte aus der eigentlichen Interims- eine Dauerlösung werden. Das jedenfalls hat Sportgeschäftsführer Rudi Völler Wolf in Aussicht gestellt.
Doch die Mission ist heikel. Die Champions League ist bei neun Punkten Rückstand auf Platz vier in weiter Ferne, aber die Europa League soll es mindestens werden. Zur Not bliebe ab nächster Saison noch die neue Conference League. Das Feld hinter den Top Vier ist eng zusammengerückt. Dortmund, Union Berlin, Stuttgart und Mönchengladbach mischen ebenfalls noch im Kampf um die übrigen Europapokalplätze mit. Ein Sieg gegen den chronischen Krisenklub aus der Nachbarstadt ist angesichts des knackigen Restprogramms
beinahe Pflicht für Bayer.
Aber Leverkusen spielt unter Wolf bislang nicht sonderlich überzeugend. Ein 2:1 gegen Schalke und ein 0:0 in Hoffenheim stehen in seiner Bilanz. Er hat der vor Tempo und Technik eigentlich strotzenden Mannschaft eine auf defensive Stabilität ausgerichtete Spielweise verordnet. Darunter leidet jedoch bislang die Offensive. Spielwitz, Mut und Durchschlagskraft sind keine Attribute, mit denen die Werkself derzeit adäquat beschrieben werden kann.
Das gilt freilich auch für den FC, dessen Kader allerdings deutlich limitierter ist. Funkels Auftrag ist, das Beste daraus zu machen und Köln in der Bundesliga zu halten. Dass seine
Trainerkarriere in Leverkusen endete und nun eine unerwartete Renaissance erfährt, sei eine „Geschichte, wie sie nur der Fußball schreibt“, sagt Funkel. Von einem Derby will er aber mit Blick auf den Samstag nicht sprechen. Es sei vielmehr ein „rheinisches Duell“, das anstehe. Der andere Begriff ist seiner Meinung nach eher dem stets brisanten Aufeinandertreffen zwischen Mönchengladbach und Köln vorbehalten. Das notorische Nichtanerkennen von Bayer 04 als legitimen Erzrivalen gehört indes zur gut gepflegten Kölner Folklore.
So oder so zeigt sich Funkel zufrieden mit seiner ersten knappen Woche beim FC. Die Spieler seien im
Training sehr engagiert bei der Sache, jeder wittere jetzt seine Chance und die Stimmung in der Mannschaft sei insgesamt optimistisch. Er wisse aber auch, was für eine große Herausforderung auf sein neues Team zukomme. „Leverkusen hat unheimlich viel Klasse, Schnelligkeit und Erfahrung, aber wir haben dem auch einiges entgegenzusetzen“, betont Funkel. „Meine Vorfreude ist riesengroß. Ich hatte in der ersten Woche sehr viel Spaß, mit der Mannschaft zu arbeiten.“
Das klingt nach jemandem, der seinen Abschied vom Abschied nicht eine Sekunde bereut – egal, wie schwierig die Mission Klassenerhalt beim FC auch ist.
Sonntag