Rheinische Post - Xanten and Moers
Zwischen Zweck- und Liebesbündnis
Ein halbes Jahr nach der Kommunalwahl haben SPD, Grüne, Grafschafter, Linke und „Die Fraktion“einen Kooperationsvertrag unterzeichnet.
MOERS „Die Kooperation ist keine Liebesheirat“, sagte am Freitagmittag Gudrun Tersteegen. „Sie ist eine Zweckgemeinschaft, um gute und vernünftige Sachen nach vorne zu bringen.“Die Vorsitzende der Moerser Grünen gehörte zu den acht Personen, die am Freitag im Rathaus die Kooperationsvereinbarung „Perspektive 2025 – Gemeinsam für ein soziales und ökologisches Moers“unterschrieben haben. Weitere Unterzeichner waren Harald Hüskes und Atilla Cikoglu für die SPD, Christopher Schmidtke für die Grünen, Karin Pohl und Friedhelm Fischer für die Linken, Claus Peter Küster für die Grafschafter sowie Carsten Born für die Fraktion „Die Fraktion“.
Kurz nach der Kommunalwahl am 13. September 2020 begannen die ersten Gespräche. Zunächst tauschten sich SPD und Grüne miteinander aus, die schon in der Wahlperiode von 2014 bis 2020 in einem Bündnis zusammengearbeitet hatten und bei dem die Grafschafter der dritte Partner waren. Ende Februar waren die Verhandlungen zum Fünferbündnis weitgehend abgeschlossen. „Im März ging es nur noch um Feinheiten“, sagte Atilla Cikoglu am Freitag.
Dass es bei den Verhandlungen knirschte, legt die Verhandlungszeit von einem halben Jahr nahe, lässt sich aber letztlich nur vermuten. Bei der Vertragsunterzeichnung betonten alle Beteiligten, es habe nur wenige Verhandlungstage gegeben. Wie Claus Peter Küster sagte, hätten an diesen Tagen die Videokonferenzen aber teilweise fünf bis sechs Stunde gedauert. Zwischen den Verhandlungstagen sei immer wieder Rücksprache mit den Mitgliedern gehalten worden, erläuterte der Fraktionsvorsitzende der Grafschafter. Am Ende hätten alle Mitglieder abgestimmt, ob die Vereinbarung unterzeichnet werden soll.
So dauerte es sechs Monate, bis die sechs Seiten des Kooperationsvertrags ausformuliert waren. In dieser Zeit wuchsen gleichzeitig
Freundschaften zwischen den Ratsfrauen und Ratsherren, die sich im Fünferbündnis untereinander duzen. „Wir verstehen uns nicht nur politisch gut, sondern auch persönlich“, beschrieb Claus Peter Küster die Atmosphäre. Ohne einen guten persönlichen Draht zu haben, hätte das neue Bündnis möglicherweise nicht seine erste politische Klippe umschiffen können. Zu Beginn war das Gewerbegebiet Kohlenhuck, das westlich der Autobahnabfahrt Asdonkshof an der A 57 nahe der Stadtgrenze von Moers, Kamp-Lintfort und Rheinberg entstehen könnte, ein strittiger Punkt. Die SPD wollte es erschließen, die Grünen nicht, die sich durchsetzen. „Wir haben uns damit sehr schwer getan, die Pläne nicht weiter zu verfolgen“, sagte Harald Hüskes. Alle Fraktionen finden sich mit ihren Forderungen in der Vereinbarung
wieder, die SPD unter anderem mit der innovativen Seniorenarbeit, die Grünen mit dem Gewerbegebiet Schacht 3 in Kapellen, die Grafschafter mit stärkerer Bürgerbeteiligung, die Linke mit sozialem und barrierefreiem Wohnungsbau oder „Die Fraktion“mit einer flächendeckenden Digitalisierung der Schulen.
Dazu stehen in der Kooperationsvereinbarung Positionen, die alle fünf Fraktionen repräsentieren, zum Beispiel eine strategische Sozialplanung oder eine ökologische und soziale Verkehrswende.
Das Fünferbündnis hat mit 31 von 54 Ratsfrauen und Ratsherren eine Mehrheit.