Rheinische Post - Xanten and Moers

„Trotz der vielen Covid-Patienten in unserem Haus sehen wir keinerlei Bedrohung bezüglich der angemessen­en Versorgung“

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KREIS WESEL Es sind deutliche Worte, für Xantener Verhältnis­se ungewöhnli­ch deutlich. Die Stadt galt die meiste Zeit der Pandemie nicht als Hotspot, im Gegensatz zu Moers oder Dinslaken. Aber Michael Derksen, Geschäftsf­ührer des Xantener St.-Josef-Hospitals, sagt: „Wir beobachten die Entwicklun­g mit großer Sorge.“Und: „Wir müssen die Infektions­zahlen herunterbr­ingen.“

Derksen fürchtet, dass es noch einige Zeit dauern werde, bis ausreichen­d Menschen geimpft sind. Bis dahin müsse die Wende mit anderen Maßnahmen herbeigefü­hrt werden. Er appelliert an Politik und Bevölkerun­g, die Kontakte zu reduzieren, um die Ausbreitun­g des Coronaviru­s zu verlangsam­en.

Neben der Sieben-Tage-Inzidenz rückt in diesen Tagen wieder vermehrt die Auslastung der Intensivst­ationen in den Fokus. Sind sie voll, gibt es nicht nur zu wenig Betten für alle Intensivpa­tienten, auch das Personal gerät an Grenzen, im schlimmste­n Fall droht die Triage. Dann müssten Mediziner entscheide­n, wen sie vorrangig behandeln. Derart bedrohlich wirkt die zahlenmäßi­ge Auslastung der Intensivbe­tten im Kreis derzeit nicht. Doch das ist lediglich eine Momentaufn­ahme.

Das Intensivre­gister der Vereinigun­g für Intensiv- und Notfallmed­izin und des Robert-Koch-Instituts weist am Freitag knapp 23 Prozent freie Intensivbe­tten im Kreis Wesel aus. 94 von 122 Betten sind in den Krankenhäu­sern belegt. 24 Covid-19-Patienten liegen auf Intensivst­ationen, zehn von ihnen müssen invasiv beatmet werden. Dass die Zahlen noch vertretbar scheinen, liegt vor allem daran, dass sie in den Nachbarkre­isen und -städten noch schlechter sind. Duisburg hat noch 10,7 Prozent freie Betten, der Kreis Kleve

15, 6 und Krefeld 7,9. Das Durchschni­ttsalter der Covid-19-Patienten, die die Kliniken aufnehmen müssen, ist zuletzt merklich gesunken. Matthias Ruß, Sprecher des Dinslakene­r St.-Vinzenz-Hospitals, sagt: „Wir reden nicht mehr von den 80- oder 90-Jährigen. Auch nicht von den 70-Jährigen. Das sind schon junge Menschen ab 22 Jahren.“Das Durchschni­ttsalter der Intensivpa­tienten im Marien-Hospital Wesel wird auf zwischen 60 und 75 Jahre taxiert, im Moerser St.-Josef-Krankenhau­s auf 60 bis 80 Jahre. Der dortige Ärztliche Direktor Thomas Ziegenfuß sagt: „Bei allen schlechten Nachrichte­n zeigt uns das auf jeden Fall, dass die Impfung wirkt – und zwar sicher.“Im Xantener Krankenhau­s waren Mitte der Woche zwei der sechs Intensivbe­tten von Corona-Patienten belegt, vier waren frei. Falls es notwendig sein sollte, können die Kapazitäte­n auf neun Intensivbe­tten erweitert werden, sagt Geschäftsf­ührer Derksen. Ähnliches

Thomas Ziegenfuß St.-Josef-Krankenhau­s Moers gilt für fast alle Krankenhäu­ser im Kreis. „Sollte sich die Lage weiter verschärfe­n, werden aufschiebb­are Eingriffe reduziert, um genügend Behandlung­skapazität­en zur Verfügung zu haben. Das bedeutet dann, dass die gesamt Infrastruk­tur des Krankenhau­ses auf die Behandlung von Corona-Patienten ausgelegt wird“, sagt der Thomas Ziegenfuß, Ärztlicher Direktor des St.-Josef-Krankenhau­s in Moers.

Das Evangelisc­he Krankenhau­s Wesel (EVK) könnte im Notfall mit bis zu neun weiteren Intensivpl­ätzen mit Beatmungsm­öglichkeit aufstocken. „Bisher ist dies zu keinem Zeitpunkt während der Pandemie erforderli­ch gewesen“, sagt Sprecherin Eveline Klingler. Im Marien-Hospital Wesel wurde seit Beginn der Pandemie die Zahl der Intensivbe­tten verdoppelt. Die Lage sei dynamisch, sagt Sprecher Gerd Heiming, das Haus werde seinem Versorgung­sauftrag aber in vollem Umfang gerecht. Zudem zeige man Bereitscha­ft, Covid-19-Patienten aus der Region und den Niederland­en aufzunehme­n.

Im Moerser Bethanien-Krankenhau­s sieht Thomas Voshaar keinen Grund zur Panik. Der Chefarzt der Lungenklin­ik sagt: „Trotz der vielen Covid-Patienten in unserem Haus sehen wir keinerlei Bedrohung bezüglich der angemessen­en Versorgung.“Das Moerser Modell, ein besonderes Therapieko­nzept, bewähre sich.

Im St.-Bernhard-Hospital in Kamp-Lintfort will man, wie in vielen anderen Kliniken auch, planbare Operatione­n verschiebe­n, sollte sich

„Sollte sich die Lage weiter verschärfe­n, werden aufschiebb­are Eingriffe reduziert, um genügend Behandlung­skapazität­en zur Verfügung zu haben. “

die Situation verschärfe­n. Laut Sprecher Jörg Verfürth fordert das Hospital „einen richtigen Lockdown“mit verbindlic­hen Regelungen und das Forcieren der Impfungen.

Und dann wären da noch die Pflegekräf­te. Gabriele Beyer, Sprecherin der Trägergese­llschaft Evangelisc­hes Klinikum Niederrhei­n, betont, dass die Betreuung von Covid-Patienten äußerst aufwendig und anstrengen­d sei, vor allem dann, wenn die Menschen beatmet werden müssen. Es sei bemerkensw­ert, mit welchem Einsatz die Pflegekräf­te sich den Menschen trotz der hohen Belastung widmeten: „Das muss einfach gewürdigt werden.“

Thomas Voshaar Bethanien Krankenhau­s Moers

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FOTO: DPA 94 von 122 Intensivbe­tten sind in den Krankenhäu­sern im Kreis Wesel belegt. 24 Covid-19-Patienten liegen auf Intensivst­ationen. Die Lage spitzt sich allmählich zu. (Symbolfoto)

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