Rheinische Post - Xanten and Moers
Alles Handarbeit
Wer Nahrungsmittel selbst herstellt, weiß, was drin ist. Durch die Pandemie werden immer mehr Herstellungsprozesse in die eigene Küche verlagert. Kochbücher für Selbstversorger boomen.
Zu Beginn der Pandemie fehlte es häufig an Hefe und Mehl, denn auf einen Schlag entdeckten viele das Brotbacken als Seelentröster. Derzeit wird in heimischen Küchen so viel Teig geknetet wie lange nicht mehr – auch durch die gewonnene Zeit, die bei einigen durch Kurzarbeit und Homeoffice mehr zur Verfügung steht. Und: Der Trend hält unvermindert an. Ernährungspsychologen haben dafür auch eine plausible Erklärung parat: Brot steht für das Überleben. Und wenn ich selbst backe, kann ich noch besser überleben,
Aber was ist ein Sauerteig? Wie gelingen Brötchen ohne Zusätze oder mithilfe tiefgekühlter Teiglinge? Online-Workshops, bei denen Profis Tipps geben, boomen. Kochbücher zum Thema Selbermachen werden zum Bestseller – so wie das von Selbstversorger-Experte James Strawbridge. In dem reich bebilderten Schritt-für-Schritt-Erklärband „Selbermachen“(erschienen im DK-Verlag) zeigt der Koch und Autor, wie man 25 verschiedene Koch- und Konservierungsprozesse beherrscht; vom Fermentieren bis zur Käseherstellung, vom Heißräuchern bis zum Butterschlagen.
Brotbacken, Einmachen, Konservieren – die neue Häuslichkeit zeigt sich in vielen Facetten. Fest steht: Wer Nahrungsmittel selbst herstellt, weiß besser, was drin ist. Und: Milch in aromatischen Käse, Weizen in duftendes Brot, Trauben in fruchtigen Landwein und Kohl in köstliches Sauerkraut zu verwandeln, verbindet wieder mit dem Ursprünglichen.
In Zeiten, in denen die Nachfrage nach regionalen Produkten wächst und immer öfter nicht egal ist, was auf dem Teller landet, gewinnt das Konservieren bestimmter Produkte an Bedeutung. Denn Regionalität heißt ja auch Saison. Früher ging es beim Einmachen insbesondere darum, über den Winter zu kommen, weil nicht alles in jeder Jahreszeit verfügbar war. „Heute sind viele unserer täglichen Lebensmittel nicht naturbelassen, sondern bereits verarbeitet“, sagt Strawbridge und hat sich in seinem Kochbuch auf uralte, traditionelle Verarbeitungstechniken
konzentriert. Wer die Wissenschaft der chemischen Prozesse hinter den handwerklichen Konservierungsmethoden versteht, „der stellt fest, dass aus ganz alltäglichen Lebensmitteln etwas Besonderes werden kann“, so der Brite, der mit seiner Familie auf einem Bauernhof in Cornwall lebt. Die wichtigsten Zutaten – egal ob frisches Gartengemüse essigsauer eingelegt, ein Getränk wie Ginger Beer fermentiert oder Lachs mit Salz getrocknet wird – seien Zeit und Geduld. Sauerteig gärt nicht mal eben, und Würstchen müssen bis zu zwei Wochen lufttrocknen.
Im Vergleich dazu lässt sich, wie James Strawbridge anschaulich erklärt, Sauerrahmbutter schnell und einfach herstellen. Der Schlüssel für eine leckere Butter ist, die Sahne so lange mit dem elektrischen Rührgerät zu schlagen, bis die ganzen flüssigen Milchbestandteile, also die Buttermilch, abgeschieden sind. Dann die Butter sorgfältig walken, kneten und zu einem Butterblock formen.
Einmachen beflügelt die Neugier, was man mit frischen Produkten alles anstellen kann. Eine Konservierungsmethode ist das Fermentieren. Sie verspricht lange Haltbarkeit und den Erhalt der Nährstoffe. Getränke, Gemüse und Co. werden in Einmachgläser gepackt und mit verschiedenen Gärstoffen sich selbst überlassen. Dabei entwickeln sie wertvolle, probiotische Stoffe und werden haltbar.
Fürs Fermentieren braucht man eine Salzlake, in der im Prinzip jedes Nahrungsmittel, welches natürlicherweise über Milchsäurebakterien verfügt, eingelegt werden kann – wie beispielsweise Weißkohl, Rote Bete, Tomaten, Möhren, Paprika, Bohnen oder sogar Erdbeeren. So ist Kimchi eine koreanische Spezialität aus fermentiertem Kohl. James Strawbridge nimmt als Grundlage bunten Mangold – mit weichen Blättern und knackigen Stielen.