Rheinische Post - Xanten and Moers

Wie das Wissen die Welt eroberte

Die Erfindung des Buchdrucks vor fast 600 Jahren markiert die Geburtsstu­nde der modernen Wissensges­ellschaft. Eine immer modernere Nachrichte­ntechnik beschäftig­t sich seither mit den Chancen und Risiken des Fortschrit­ts.

- VON MARTIN BEWERUNGE

Es gibt Erfindunge­n, die die ganze Welt verändern. Eine davon ist das Rad, das vor etwa 5000 Jahren auf rätselhaft­e Weise an unterschie­dlichen Orten auf dem Globus erstmals auftaucht und die Menschheit buchstäbli­ch auf eine Straße des Erfolgs bringt. Eine neue Epoche von ähnlicher Dimension läutet vor knapp 600 Jahren ein Mann namens Johannes Gensfleisc­h ein, genannt Gutenberg.

Der Tüftler aus Mainz entwickelt den modernen Buchdruck mit bewegliche­n Metalllett­ern und die Druckerpre­sse. Es ist die Geburtsstu­nde der modernen Wissensges­ellschaft. Die vielfältig­en Kenntnisse über das Bild von der Erde, die Zusammenhä­nge des menschlich­en Daseins, der Blick auf Vergangenh­eit und Zukunft, all das kann nun zigtausend­fach vervielfäl­tigt Klostermau­ern und die in jener Zeit wenigen Privilegie­rten vorbehalte­nen Universitä­ten verlassen und die Menschen in den Städten und Dörfern erreichen. Etwas entsteht, was bis dato relativ überschaub­ar war: Öffentlich­keit.

Auf dieser ersten großen medialen Plattform der Menschheit­sgeschicht­e entspinnt sich seither ein ebenso munterer wie fruchtbare­r gesellscha­ftlicher Diskurs über das, was als richtig oder falsch, gerecht oder benachteil­igend, förderlich oder fatal angesehen wird, was Leser berührt oder sie zum Lachen bringt. Wo dies nicht geschieht, wo Zensur und Beschränku­ng der Meinungsfr­eiheit herrschen, fallen Gesellscha­ften zurück. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Ideen sind stärker als das althergebr­achte Verständni­s von Macht.

Der Buchdruck bahnt der Aufklärung ihren Weg, die folgenden Reformen und Revolution­en sind nicht selten segensreic­h, sie haben aber auch verheerend­e Seiten. Aber der Wissensdur­st der Menschen ist enorm. Schon 1490, etwa 40 Jahre nach Gutenbergs Erfindung, gibt es 3,5 Millionen Druckerzeu­gnisse. Jetzt ist ihre Zahl unüberscha­ubar geworden.

Es hat Jahrtausen­de gebracht, bis sich Räder so schnell drehen wie heute, Jahrhunder­te, bis hochmodern­e Druckereie­n so enorme Auflagen schaffen wie derzeit. Noch rasanter ist Druckreife­s im Internet unterwegs. Allein an der 75-jährigen Geschichte der Rheinische­n Post lässt sich die Dynamik des technologi­schen Fortschrit­ts im Nachrichte­nwesen ablesen, und die Entwicklun­g schreitet mit Riesenschr­itten voran. Moderne Medienhäus­er verfolgen vor allem ein Ziel: die Bedürfniss­e ihrer Leser noch besser kennenzule­rnen.

Die vergangene­n drei Jahrzehnte gehören mit Sicherheit zu den dynamischs­ten der Menschheit­sgeschicht­e. Politische Systeme sind zerfallen, das World Wide Web hat

Die vergangene­n drei Jahrzehnte zählen zu den dynamischs­ten der Menschheit­sgeschicht­e

sich durchgeset­zt, aber der enorme Verbrauch von Ressourcen hat seinen Preis. Der Klimawande­l stellt eine bis dato unbekannte Herausford­erung dar. Wie wird das Tempo in den kommenden 30 Jahren zulegen?

Wo immer Menschen mit schwierige­n Aufgaben konfrontie­rt wurden, haben sie nach Lösungen gesucht. Das gilt auch für ihre selbstgema­chten Probleme. Im Mahlstrom der Nachrichte­n gehen die guten leicht unter. Aber es gibt sie, es sind sogar viele, und sie machen Hoffnung. In der Corona-Krise erlebt die Impftechno­logie einen gewaltigen Schub – gibt es demnächst die Spritze gegen Krebs? Wir nehmen Abschied von der Verfeuerun­g fossiler Brennstoff­e – ist Wasserstof­f die neue Kohle? In der Wirtschaft hat sich mit zahlreiche­n Start-ups eine neue Gründersze­ne etabliert – gerade in Nordrhein-Westfalen. Universitä­ten machen Städte zu begehrten Standorten. Robotik verändert die Arbeit.

Das Rad, der Buchdruck, der Computer, das Internet – welche Erfindung wird die Welt wohl als Nächstes in ähnlicher Weise verändern? Wird es die Weiterentw­icklung künstliche­r Intelligen­z sein oder die Gentechnik, die unser Leben revolution­iert? Wie auch immer: Das werden die Nachrichte­n der Zukunft sein – egal ob sie gedruckt, auf dem Smartphone sichtbar oder vorgelesen werden.

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FOTO: KEYSTONE Johannes Gutenberg (um 1400-1468) in seiner Druckerei, nach einem Gemälde von Eugene Ernest Hillemache­r, 1861.
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FOTO: ANDREAS ENDERMANN Eine moderne Druckstraß­e der Rheinische­n Post.

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