Rheinische Post - Xanten and Moers

Köpfe in Krisen und Köpfe im Himmel

Im Rokokosaal hängt eine Porträt-Reihe der letzten Zisterzien­ser-Äbte von Kamp bis zur Auflösung des Klosters.

- VON ANJA KATZKE

dargestell­t. „Wir wissen aber nicht, wer sie gemalt hat. Es gibt leider weder Rechnungen noch Quellen“, betont Peter Hahnen, Leiter des Geistliche­n und Kulturelle­n Zentrums Kloster Kamp.

Die Porträts seien aber aller Wahrschein­lichkeit nach historisch. Es handele sich, so Hahnen, um mehr oder weniger realistisc­he Darstellun­gen. Das, was wir heute über die Amtszeiten der Äbte wissen, haben übrigens immer ihre Nachfolger aufgeschri­eben. Das sei Ausdruck der Bescheiden­heit der Zisterzien­ser gewesen, sagt Hahnen. Was man im Rokokosaal lernen könne, sei ein weiteres Credo der Zisterzien­ser: „Auch über mich geht die Zeit hinweg. Ich bin nicht das Maß der ewigen Dinge“, erläutert der Geschäftsf­ührer die Einstellun­g der Mönche. Wilhelm Norf (1705 bis 1726) aus Rheinberg ist der erste im Reigen der sechs Porträtier­ten. Unter seiner Leitung wurde eine neue Orgel in die Kirche gebaut, die Schulden getilgt und neue Güter gekauft. Ein weiteres Porträt zeigt Friedrich Brandt aus Bonn (1749 bis 1756). 16 Jahre lang war Martin Fabricius

(1757 bis 1773) aus Uerdingen Abt auf dem Kamper Berg. Während seiner Regierungs­zeit wurde das Kloster durch den Siebenjähr­igen Krieg arg in Mitleidens­chaft gezogen. Es kam zu Einquartie­rungen und großen Schäden durch umherziehe­nde Soldaten. „Höhepunkt war die kriegerisc­he Auseinande­rsetzung zwischen französisc­hen und preußisch-britisch alliierten Truppen“, weißt Peter Hahnen aus der Geschichte zu berichten.

Im Reigen der Sechs befindet sich auch das Porträt von Dionysius Genger (1773 bis 1778). Er war ein frommer und bescheiden­er Mann mit einer vielseitig­en Bildung. „Kamp verdankt ihm viel und doch wird er fast totgeschwi­egen“, sagt Hahnen. Genger sei ein Freund der schönen Künste gewesen. Auf Kamp förderte er unter anderem die künstleris­che Tätigkeit seiner Mitbrüder. Im Rokokosaal hängt auch ein Porträt von Abt Eugen Reinartz (1778 bis 1785). Unter seiner Leitung wurde vermutlich der Rokokosaal als Festsaal fertiggest­ellt. Dafür spricht sein aufwendig in Stuck gestaltete­s Wappen über dem Kamin. Ja, und mit Bernhard Wiegels endet der Porträt-Reigen im Rokokosaal. „Damals war Kamp schon vom Zeitgeist vereinnahm­t“, betont der Leiter des Zentrums Kloster Kamp. „Mit der ursprüngli­chen Reformbewe­gung, die die Ordensgrün­der antrieb, hatten die Ziesterzie­nser nicht mehr viel zu tun.“Wiegels Amtszeit (1785 bis 1802) fiel mit den Wirren der Säkularisa­tion

zusammen. Mit der Enteignung des kirchliche­n Besitzes beschnitte­n die Franzosen die wirtschaft­liche und politische Macht der Kirchen erheblich. Plötzlich sei auch im Zisterzien­ser-Orden die Rede davon gewesen, erzählt Hahnen, die Kamper Schätze vor den politische­n Auseinande­rsetzungen retten zu müssen. „Wiegels musste zusehen, wie das ihm anvertraut­e Kloster zugrunde ging“, sagt Peter Hahnen. Der Abt floh und ließ Teile des Kamper Kircheninv­entars mitgehen. Dass er auch die Reliquie der Heiligen Agatha, ein kleines Stück ihrer Schädeldec­ke, nach Krefeld mitnahm, verübelten ihm die Kamper sehr. „Das wollten sie sich nicht gefallen lassen. Es gab Krach“, erzählt der Leiter des Geistliche­n und Kulturelle­n Zentrums. Schließlic­h forderte der Bischof von Aachen den Abt auf, die Reliquie wieder herauszurü­cken. Sie kehrte erst 1806 in die Abteikirch­e zurück. Ein wertvolles Messgewand, das Wiegels ebenfalls mitnahm, sahen die Kamper nie mehr wieder. Dieses befindet sich bis heute in Krefeld. www.kloster-kamp.eu

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FOTO: FRANK REINERT Die Abt-Porträts hängen im Rokokosaal des Klosters Kamp, heute die gute Stube der Stadt. Dort finden Empfänge, Lesungen und Liederaben­de statt.

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