Rheinische Post - Xanten and Moers
Corona bedroht Jobs von Frauen stärker
Der Effekt der Pandemie am Arbeitsmarkt betrifft vor allem Branchen, in denen es viele weibliche Beschäftigte gibt. Frauen macht es der Lockdown zudem schwerer, eine neue Stelle zu finden. Insgesamt schneidet NRW aber recht gut ab.
DÜSSELDORF Am nordrhein-westfälischen Arbeitsmarkt hat die Corona-Pandemie weniger starke Spuren bei den Beschäftigungsverhältnissen hinterlassen als im Rest der Republik. Das belegen Zahlen des Instituts für Arbeitsmarkt und Berufsforschung (IAB) in NRW. Die Arbeitsmarktexperten haben für die einzelnen Pandemie-Monate betrachtet, wie viele Menschen im Vergleich zum Vorjahresmonat in Arbeitslosigkeit abrutschten und wie viele es zugleich schafften, aus der Arbeitslosigkeit heraus wieder eine Beschäftigung aufzunehmen. Diese Werte verglichen sie mit denen des Vorjahresmonats – also der Zeit ohne Corona. Die Veränderung lasse sich als Corona-Effekt interpretieren, erklärte Frank Bauer, Forscher am IAB Nordrhein-Westfalen.
Demnach lag der Corona-Effekt im April 2020, als die Arbeitslosenzahlen hochschnellten und die übliche Frühjahresbelebung ausblieb, in Nordrhein-Westfalen bei 3,3 Prozent.
Bundesweit lag der Wert mit vier Prozent deutlich darüber. Diese coronabedingte Eintrübung konnten die IAB-Experten am Arbeitsmarkt bis Juli feststellen. Ab August habe sich die Lage im Vergleich zum Vorjahr Monat für Monat aber sogar verbessert. „Wenn das ein Boxkampf wäre, könnte man sagen: Der Arbeitsmarkt hat im April einen heftigen Wirkungstreffer bekommen, die Deckung war unten, und es kamen noch ein paar Schläge nach, aber er ist nicht zu Boden gegangen, zeigt sich robust und versucht das umzudrehen“, erklärte Bauer.
Allerdings konnte mit der positiven Entwicklung ab August die große Delle aus den Anfangsmonaten nicht ausgeglichen werden, sodass für den Zeitraum von April 2020 bis März 2021 zusammengerechnet ein bundesweiter Corona-Effekt von 2,6 Prozent besteht, für NRW sind es 1,6 Prozent. Dass NRW besser abschneidet, erklärte Bauer mit Branchenund Siedlungsstrukturen.
Das IAB überprüfte zudem, wie stark sich der Corona-Effekt in einzelnen Gesellschaftsteilen ausgewirkt hat. Waren vor genau einem Jahr die männlichen Beschäftigten mit 3,7 Prozent deutlich stärker betroffen als im Jahr zuvor, ging dieser Wert über die gesamte Pandemie-Zeit auf 0,1 Prozent nahezu komplett zurück. Bei den Frauen stieg der Wert von 2,8 im April 2020 auf 3,4 über den gesamten Zeitraum sogar noch. Bauer führte das darauf zurück, dass diejenigen Branchen stärker getroffenen seien, in den überwiegend weibliche Kräfte arbeiteten. Zudem werde der Abgang aus der Arbeitslosigkeit schwieriger, weil die Frauen traditionell die Betreuung der Kinder übernähmen, die nicht in die Schulen gingen.
War im Vorjahresapril die Frühlingsbelebung am Arbeitsmarkt noch ausgefallen, ging die Zahl der Arbeitslosen in diesem Jahr leicht zurück. Für Nordrhein-Westfalen verzeichnete die Bundesagentur für Arbeit rund 749.200 Arbeitslose, das waren rund 7000 oder ein Prozent weniger als im März. Die Arbeitslosenquote im bevölkerungsreichsten Bundesland lag unverändert bei 7,7 Prozent.
Ob das so bleibt, ist allerdings ungewiss. Bislang ist in Deutschland die Insolvenzantragspflicht ausgesetzt; das Moratorium läuft aber am heutigen Freitag aus. Die Aussetzung war beschlossen worden, um Schuldnern zu helfen, die einen Anspruch auf staatliche Hilfen aus den Corona-Programmen hatten, aber noch kein Geld ausgezahlt bekamen.
Der Chef der NRW-Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit, Torsten Withake, zeigte sich allerdings optimistisch, dass nun keine Pleitewelle anrolle. Es gebe keine Hinweise darauf, dass im großen Stil Insolvenzgeld beantragt würde, sagte Withake. Die Arbeitsagenturen seien aber in jedem Fall vorbereitet. So habe man schon zu Pandemiebeginn gleichzeitig zu den Beratern für das Kurzarbeitergeld Fachleute für Insolvenzgeld geschult. Withake sprach davon, dass sich vor allem im Bereich der Kleinstunternehmen bereits viele „still und heimlich“verabschiedet hätten.