Rheinische Post - Xanten and Moers
Es braucht Politik für die nächsten Generationen
Das Bundesverfassungsgericht füllt mit seinem bahnbrechenden Urteil zum Klimaschutzgesetz eine politische Leerstelle. Weil die Politik nicht in der Lage war, beim Klimaschutz auch die Freiheitsrechte der Jüngeren und Jüngsten zu achten und zu schützen, gestaltet das Gericht die Politik nun selbst: Die nächste Regierung wird verpflichtet, bis zum Ende des kommenden Jahres verbindliche Regeln und Maßnahmen festzulegen, wie nach 2030 der Ausstoß der Treibhausgase reduziert werden muss, um bis 2050 Klimaneutralität zu erreichen. Nicht die ehrgeizigen Klimaziele an sich beanstanden die Verfassungsrichter, sondern den nicht ausreichend definierten Weg dorthin in den zwei Jahrzehnten bis 2050.
Das Klimaschutzgesetz legt nur bis zum Jahr 2030 konkrete jährliche Obergrenzen für den Ausstoß des klimaschädlichen Gases Kohlendioxid in den Sektoren Energie, Verkehr, Gebäude und Landwirtschaft fest. Zudem bleibt danach ein zu großer Rest an Treibhausgasen übrig, der bis 2050 weiter reduziert werden muss. Das wird nur mit noch mehr Einschränkungen gelingen können. Mit 250 Kilometern pro Stunde über eine Autobahn zu rasen, jederzeit nach Mallorca oder Thailand in den Urlaub zu jetten oder auf Fleisch niemals zu verzichten – das sind Möglichkeiten, die künftigen Generationen häufiger als den heutigen verwehrt sein dürften.
Das Urteil ist ein Denkzettel vor allem für die große Koalition. Schaden könnte es der Union mehr als der SPD. Die Politik wird künftig viel stärker auf Generationengerechtigkeit achten müssen. Und zwar nicht nur beim Klimaschutz, auch in der Renten- oder Gesundheitspolitik. Denn auch die anschwellenden Kosten in diesen Zweigen der Sozialversicherung können Freiheiten künftiger Generationen einschränken. BERICHT