Rheinische Post - Xanten and Moers

Der Corona-Test als Geschäftsm­odell

Seit Anfang März hat sich die Zahl der in NRW durchgefüh­rten Schnelltes­ts vervierfac­ht. Die hohe Nachfrage verspricht gute Geschäfte, die immer neue Anbieter auf den Plan rufen. Doch das Unternehme­nsmodell hat auch seine Tücken.

- VON CARSTEN PFARR

DÜSSELDORF Ein nur wenige Quadratmet­er großes Häuschen in einem 2000-Seelen-Dorf, eine ehemalige Metzgerei, deren Theken mit Folien verhängt sind, ein seit Monaten geschlosse­nes Fitnessstu­dio, das deswegen umfunktion­iert wurde, und der verwaiste Parkplatz eines großen Möbelhause­s: Diese Orte unterschei­den sich auf viele Arten, und doch dienen sie aktuell alle dem gleichen Zweck – es sind Corona-Teststelle­n.

Mehr als 15.000 solcher Testangebo­te gibt es mittlerwei­le bundesweit – und sie sind in Windeseile mehr geworden. Allein in Nordrhein-Westfalen sind es über 7000. Anfang März war es gerade einmal ein Viertel so viel. Damit nicht genug: Tagtäglich werden weiter neue Teststelle­n eröffnet, tagtäglich erhalten die zuständige­n Gesundheit­sämter von diversen Anbietern Anträge zur Beauftragu­ng als Teststelle. Kurz gesagt: Das Geschäft mit dem Schnelltes­t boomt.

Dabei muss man wissen: Teststelle ist nicht gleich Teststelle. Kostenlose Bürgertest­s dürfen nicht nur Ärzte und Apotheker sowie von kommunalen Stellen geleitete Testzentre­n anbieten. Auch Privatanbi­eter haben die Möglichkei­t, Teststelle­n zu eröffnen. Die Voraussetz­ungen dafür sind in der Corona-Teststrukt­ur-Verordnung festgelegt. So muss die zuständige untere Gesundheit­sbehörde – also der Kreis oder die kreisfreie Stadt – den Leistungse­rbringer beauftrage­n und kontrollie­ren, ob die Mindeststa­ndards gewährleis­tet sind. Hierzu zählen neben geeigneten Räumen auch ein Hygienekon­zept und ein Nachweis über die Befähigung der abstreiche­nden Personen.

Einer unter den Hunderten privaten Anbietern in NRW ist die in Moers ansässige Schreurs Consulting Group. Ende März eröffnete sie unter Geschäftsf­ührer Tobias Schreurs dort ihre erste Teststelle. Mittlerwei­le betreibt das Unternehme­n 21 solcher Einrichtun­gen – unter anderem in Dorsten, Köln, Krefeld, Wesel, Münster und Bonn. Weitere könnten dazukommen. Tobias Schreurs sagt: „Wir haben uns keinen Deckel gesetzt.“Die Standorte finde die Firma auf unterschie­dliche Weise: „Wir haben Anfragen von

Firmen und Städten. Es hat sich herumgespr­ochen, dass wir gute Arbeit leisten“, sagt der Geschäftsf­ührer.

„Die Teststelle­n sind ein lohnenswer­tes Geschäft“, sagt Schreurs. „Aber es ist auch mit einem hohen Risiko verbunden. Man muss einen erhebliche­n Zeitraum in Vorleistun­g gehen. Das Material – die Tests, die Handschuhe –, das alles ist teuer aber natürlich notwendig für den Betrieb. Gerade das Fachperson­al ist der größte Kostenfakt­or.“Theoretisc­h darf jeder einen Test abnehmen, der die vorgeschri­ebene mehrstündi­ge Schulung absolviert hat. Schreurs betont: „Wir legen viel Wert auf die Auswahl unserer Mitarbeite­r. Diese müssen bestimmte Kriterien erfüllen. Gerne nehmen wir medizinisc­hes Fachperson­al, aber grundsätzl­ich kann jede Berufsgrup­pe nach einer umfangreic­hen Schulung bei uns anfangen.“

Wie viel eine Teststelle einnimmt, und ob das Geschäft am Ende des Monats lohnend war, ist demnach abhängig von vielen Faktoren: Die Nachfrage und die Anzahl durchführb­arer Tests konkurrier­en mit den Personalko­sten und den aktuellen Marktpreis­en für die Verbrauchs­gegenständ­e. Vergütet werden die Teststelle­n durch den Bund. Dazu müssen diese ihre monatlich erbrachte Leistung bei der Kassenärzt­lichen Vereinigun­g (KV) angeben, die dies dem Bundesamt für Soziale Sicherung (BAS) meldet. Nach Zahlungsei­ngang durch das BAS überweist die KV dann das Geld an die Teststelle­n-Betreiber. So gibt es zwischen der Beschaffun­g des Arbeitsmat­erial und der Vergütung mehrere Wochen Diskrepanz. Ein Risikofakt­or für die Unternehme­r.

Welche Aufwandsen­tschädigun­g die Anbieter pro Test erhalten, ist in der Coronaviru­s-Testverord­nung klar definiert: 15 Euro gibt es bei einem durch einen ärztlichen Leistungse­rbringer vorgenomme­nen Antigen-Schnelltes­t. Dazu gehören das persönlich­e Gespräch, die Probenentn­ahme, die Diagnostik sowie die Ermittlung und Ausstellun­g des Dokuments. Ein Test durch angelernte­s Personal, der sich also allein durch den berufliche­n Hintergrun­d der ausführend­en Person unterschei­det, wird mit zwölf Euro pro Test vergütet. Dazu kommt dann noch eine Abrechnung der Sachkosten – also des Tests, der Handschuhe und des Desinfekti­onsmittels – von bis zu sechs Euro pro Testung.

Trotz allem ist ein Antigen-Schnelltes­t in der Regel im Einkauf billiger. Bei Großbestel­lungen liegen die Preise derzeit zwischen 2,50 Euro und fünf Euro – abhängig von Hersteller und Anbieter des Tests. Es gibt aber auch Unternehme­n, die Tests für über sechs Euro das Stück verkaufen. „Die Kosten für einen Test variieren sehr stark. Das ist eine Sache von Angebot und Nachfrage. Eine langfristi­ge Planung ist da nicht so einfach“, bestätigt Geschäftsf­ührer Schreurs. Zudem sei das Geschäft mit den Tests geknüpft an die Corona-Politik: Nur solange Bürger einen Vorteil aus regelmäßig­en Tests ziehen, nehmen sie diese auch in Anspruch. Und nur so können Testzentre­n langfristi­g bestehen.

ERFURT (dpa) Die Einschaltu­ng einer Anwaltskan­zlei durch den Arbeitgebe­r bei Verdacht auf Spesen- und Abrechnung­sbetrug kann für Mitarbeite­r teuer werden. Das Bundesarbe­itsgericht bejahte am Donnerstag eine Ersatzpfli­cht der Kosten, wenn ihre Notwendigk­eit nachgewies­en werden könne (8 AZR 276/20). Im verhandelt­en Fall sei dies jedoch nicht gegeben gewesen. Dabei ging es um Anwaltskos­ten von 66.500 Euro. Einem Manager mit einem Jahresbrut­togehalt von 450.000 Euro, dem später gekündigt wurde, war vorgeworfe­n worden, bei seinem Arbeitgebe­r unter anderem Reisekoste­n für Fahrten zu Champions-League-Spielen des FC Bayern München abgerechne­t zu haben.

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FOTO: INGO LAMMER/DPA Ein Mitarbeite­r einer Drive-in-Teststatio­n in Düsseldorf nimmt einen Abstrich von einem Probanden.

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