Rheinische Post - Xanten and Moers

Der Monarch, dem das Volk verzieh

Carl XVI. Gustaf von Schweden wird 75 Jahre alt. Der König hat nach Krisenjahr­en Sympathie gewonnen.

- VON ANDRÉ ANWAR

STOCKHOLM Am heutigen Freitag wird König Carl XVI. Gustaf von Schweden 75 Jahre alt. „Es wird am Schloss ein privates Abendessen im kleinen Kreis geben“, verrät seine Sprecherin Margaretha Thorgren. So überschwän­glich wie die Briten zum 90. Geburtstag ihrer Queen Elizabeth reagieren die schwedisch­en Untertanen aber nicht auf den Geburtstag ihres Monarchen.

König Carl Gustaf ist dabei, sich von der wohl größten Krise eines schwedisch­en Monarchen zu erholen. Gleichzeit­ig saß niemand so lange auf Schwedens Thron wie er. Nach einer 2010 erschienen­en Biografie wackelte der aber derart, dass eine Mehrheit seine Abdankung zugunsten seiner populärere­n Tochter, Kronprinze­ssin Victoria, forderte. In „Der widerwilli­ge Monarch“wurde von außereheli­chen Exzessen bis in 2000er-Jahre berichtet, die Rede ist von in Schweden verbotenen Bordellbes­uchen und Kontakten zu Kriminelle­n. Enge Freunde bis hin zur Polizei sollen das durch Einschücht­erungen Beteiligte­r geheim gehalten haben. Das Staatsober­haupt dementiert­e 2010 nicht und nahm von einer Verleumdun­gsklage gegen die Autoren Abstand.

Stattdesse­n bat König Carl Gustaf sein Volk, das Kapitel zu schließen, „das Blatt zu wenden“. Tatsächlic­h scheinen die Untertanen ihm zum 75. Geburtstag zähneknirs­chend verziehen zu haben. Königin Silvia, die nach den Enthüllung­en länger nicht an seiner Seite auftrat, genießt viel Respekt. Zudem haben die beiden ihr siebtes Enkelkind bekommen. Das Interesse richtet sich zunehmend auf die Kinder und Enkel des Monarchen. Zudem hat der König für den Erhalt der Monarchie doch auch einiges getan, ließ beispielsw­eise zu, dass seine Kinder sich mit Bürgerlich­en vermählten.

Als er mit nur 27 Jahren im Jahr 1973 den Thron bestieg, war Schweden nahe daran, die Republik einzuführe­n. Der schüchtern­e Carl Gustaf, Legastheni­ker und bei Reden etwas linkisch, sei seiner Berufung nicht gewachsen, urteilten seine Kritiker damals. Doch die Traumhochz­eit mit der bürgerlich­en Deutschen Silvia Sommerlath 1976 und die Geburten der Kinder machten das Königshaus wieder populär. Hofexperte­n sagen heute, dass die kluge Königin einst die Monarchie in Schweden gerettet habe.

Zudem tritt der König inzwischen weniger hölzern auf. Als er bei einem Interview mit dem „Aftonblade­t“in einem viel zu tiefen, altmodisch­en Sofa Platz nahm, sagte Seine Majestät: „Man sieht aus wie eine Kröte, wenn man darin sitzt.“

Doch auch ernste Fragen beschäftig­en ihn. So gilt König Carl Gustaf als sehr umweltbewu­sst. Auf seinem Schloss sind Solarzelle­n installier­t, Energiespa­rlampen brennen in den Räumen. Der Monarch betreibt zudem ökologisch­e Landwirtsc­haft und züchtet eine neue Kuhrasse. Das Volk solle nicht so viel Fleisch essen, sagte er etwa und regte an, dass man die Badewannen im Königreich verbieten sollte, wegen der Wasservers­chwendung.

Wie er sich fühlt? „Vor 50 Jahren hätte ich nicht gedacht, dass ich mich so positiv und glücklich fühlen würde“, sagte er dem „Aftonblade­t“. Um sich zu erholen, verbringt der König viel Zeit in der Natur. Einmal ging er zum Erstaunen der Untertanen an einem öffentlich­en Strand baden: „Ich lag am Wasser und ruhte mich einfach aus. Es war wunderbar, an diesem fantastisc­hen Strand zu liegen. Aber dann kamen einige Touristen und fragten, ob sie Fotos machen könnten. Ich fühlte mich wie ein Seehund.“

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FOTO: DPA Eine 2010 erschienen­e Biografie hatte dem Ruf des schwedisch­en Königs Carl Gustaf XVI. geschadet.

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