Rheinische Post - Xanten and Moers
Neue Kritik an Kölner Kardinal Woelki
Der Erzbischof soll die Missbrauchsvorwürfe gegen einen Düsseldorfer Pfarrer schon 2010 gekannt haben, wie ein internes Schreiben belegt.
DÜSSELDORF Kardinal Rainer Maria Woelki ist offenbar früher über Missbrauchsvorwürfe gegen den Düsseldorfer Pfarrer informiert gewesen als bisher bekannt. Aus einem von der „Bild“publizierten Schreiben des Interventionsbeauftragten des Erzbistums vom September 2018 geht hervor, dass anonyme Schreiben zum Verhalten des Pfarrers schon im Mai 2010 an Woelki gegangen seien. Er war damals Weihbischof in Köln und zuständig für den Pastoralbezirk Nord, inklusive Düsseldorf. Im Schreiben heiße es, der beschuldigte Pfarrer habe „kein normales Verhältnis zu Messdienern“und schwelge im „Luxus“.
Es mehrten sich anonyme Hinweise, die an die Öffentlichkeit gelangten, worauf im September 2015 Generalvikar Meiering mit Woelki – inzwischen Erzbischof – über das weitere Vorgehen sprechen wollte. Unter anderem sollte beraten werden, ob der Fall Rom gemeldet werden müsse. Das unterblieb zunächst. Der Fall war 2015 von der Interventionsstelle bearbeitet und drei Jahre später durch den inzwischen zurückgetretenen Offizial Günter Assenmacher nach Rom gemeldet worden. Der Interventionsbeauftragte aber schreibt, dass bereits seit 2010 weitere „Schritte hätten eingeleitet werden müssen“. So sollen der Bistumsleitung Kenntnisse über Sexualkontakte
des Pfarrers mit einem 17-jährigen Prostituierten, die der Pfarrer gegenüber der Polizei eingeräumt hatte, seit 2001 vorgelegen haben. Während Ende 2011 ein Gutachten zu dem Ergebnis kam, dass der Pfarrer nicht homosexuell sei und „keine Gefahr für einen weiterhin uneingeschränkten Dienst bestehe“, wurde 2015 ein neues Gutachten in Auftrag gegeben. Zudem sicherte der Pfarrer zu, sich aus der Jugendarbeit herauszuhalten.
Trotz mehrerer Hinweise kam es nie zur Verurteilung; die meisten Vorwürfe, so der Interventionsbeauftragte, konnten – bis auf den Sexualkontakt mit dem 17-Jährigen – nie geklärt werden. Die Mitteilung schließt mit: „Warum der Herr Kardinal ihn im Jahr 2017 zum stellvertretenden Stadtdechanten ernannt hat, entzieht sich meiner Kenntnis.“Dazu teilte das Erzbistum mit, der Pfarrer sei auf Wunsch des damaligen Stadtdechanten Ulrich Hennes
zum Stellvertreter ernannt worden. Zur Beförderung des Pfarrers erklärte das Erzbistum zudem, dass zu diesem Zeitpunkt „lediglich ein nicht strafbarer Vorfall aus dem Jahr 2001 eindeutig belegt“und dieser im Gutachten von Professor Gercke untersucht und dargestellt worden sei. In dieser Woche wurde der Pfarrer beurlaubt. Weil die Staatsanwaltschaft Ermittlungen wegen Verjährung des Falls einstellte, folgen nun kirchenrechtliche Untersuchungen.