Rheinische Post - Xanten and Moers
Das hat die Grundsteuer B mit Kitas zu tun
Seit 2015 zahlen Eltern von Ü3-Kindern in Kamp-Lintfort keine Kita-Gebühren mehr. Zur Gegenfinanzierung wurde die Grundsteuer B erhöht. Inzwischen stellte das Land die letzten beiden Kita-Jahre beitragsfrei.
KAMP-LINTFORT Viele Eltern, die ihre Kinder aktuell zu Hause betreuen, weil die Kitas seit Jahresbeginn wegen der Corona-Pandemie nur eingeschränkt öffnen, hoffen auf die finanzielle Entlastung. Die Landesregierung hat in diesen Tagen vorgeschlagen, Eltern die Kita-Gebühren für zwei Monate zu erlassen. Die SPD fordert hingegen eine vollständige Erstattung der Beiträge. In Kamp-Lintfort sind die Eltern von
Kindern unter drei Jahren davon betroffen. Denn seit August 2015 zahlen Familien von drei- bis sechsjährigen Kindern keine Kita-Beiträge mehr. Damit gehörte Kamp-Lintfort damals neben Düsseldorf und Monheim zu den ersten Kommunen im Land, die die Kita-Beiträge für Kinder über drei Jahren abgeschafft haben. Ziel war es, die frühere Bergbaukommune als kinderfreundliche Stadt zu präsentieren.
„Wir wollten Familien mit Kindern Anreize schaffen, in unsere Stadt zu ziehen“, erläutert Dezernent Christoph Müllmann den Hintergrund. Um die wegfallenden Gelder aus den Kita-Beiträgen in Höhe von damals 550.000 Euro gegen zu finanzieren, entschied der Stadtrat, die Grundsteuer B, also die Steuer, die jeder Bürger als Hauseigentümer oder Mieter tragen muss, zu erhöhen. „Der Gedanke war, dass alle die Belastung gemeinsam tragen und sich solidarisch miteinander zeigen“, sagt Christoph Müllmann.
Die Grundsteuer B wurde seinerzeit von 413 auf 470 Punkte angehoben. Die Verwaltung hatte damals errechnet, das sich beispielsweise für eine Altbauwohnung in der Altsiedlung so zusätzliche Mietnebenkosten von 1,50 bis 2,42 Euro monatlich je nach
Modernisierungsstandard ergeben. Die höchsten Werte ergaben sich in den Neubaugebieten mit Beträgen von 3,77 bis 5,89 Euro.
Mit ihrem Beschluss für die Beitragsfreiheit nahm die Stadt Kamp-Lintfort eine Vorreiterrolle ein. Das Land NRW folgte erst einige Jahre später und stellte zunächst das letzte Kita-Jahr beitragsfrei,
2020/21 dann auch das vorletzte. Die Kommunen erhalten vom Land laut Christoph Müllmann eine anteilige Erstattung für die wegfallenden Beiträge. Davon profitiert auch Kamp-Lintfort. „Wir sind den anderen Kommunen aber immer noch ein beitragsfreies Jahr voraus“, betonte der Erste Beigeordnete im Gespräch mit der RP. 2015 besuchten
812 Mädchen und Jungen von drei bis sechs Jahren die Kita, 2020 waren es bereits 1068. Aufgrund der steigenden Kinderzahlen investiert die Stadt seit einigen Jahren schon in den Neu- und Ausbau von Kindertagesstätten. Aktuell entsteht ein neues Haus am Bismarckplatz. Ab September dieses Jahres sollen dort rund 100 Kinder bis sechs Jahren einen Betreuungsplatz bekommen.
Das Kita-Gebäude wird eine Fläche von 1200 Quadratmetern haben, zweigeschossig sein und nahezu komplett aus Holz und Holzbaufertigelementen erstellt werden. Wenn alles fertig ist, sollen dort zehn Kinder zwischen null und drei Jahren, zwei Gruppen à 20 Kinder zwischen zwei und sechs Jahren und drei Gruppen à 22 Kinder zwischen drei und sechs Jahren betreut werden. Die Betreuungsquote im Ü-3-Bereich liegt heute in Kamp-Lintfort bei 95 Prozent, im U-3-Bereich bei nur 30 Prozent. Eltern von Kindern unter drei Jahren ebenfalls die Beiträge zu erlassen, ist derzeit kein Thema in der Stadt. „Wir können die Nachfrage gerade so befriedigen. Eine Beitragsbefreiung von
U3-Kindern würde den Druck weiter erhöhen“, erläuterte Christoph Müllmann.