Rheinische Post - Xanten and Moers
Das Betriebs-Impfen ist eine Riesenchance
Den Impfstart hat Deutschland vergeigt. Doch mit Einbeziehung der Hausärzte seit Ostern und der Betriebsärzte ab Juni können wir durchstarten und zu Industrienationen aufschließen, die das Ziel Herdenimmunität schon vor Augen haben. Deutschland ist davon mit einer Quote der vollständigen Impfungen von acht Prozent noch weit entfernt. Die Impfung in Betrieben ist nun eine Riesenchance: Allein in der Industrie stehen 10.000 Betriebsärzte bereit, viele Konzerne haben Impfstraßen errichtet und übernehmen Kosten, weil es ihnen und der Gesellschaft hilft. Zugleich ist das Angebot verlockend einfach, auch für Arztmuffel: Mitarbeiter können sich den lebensrettenden Piks mal eben in der Arbeitszeit abholen. Die Impfung als industriell geplanter Prozess – viele Konzerne versprechen, dass sie ihre Belegschaften in wenigen Wochen durchimpfen. Was für gute Aussichten!
Wenn da nicht das Grundübel der deutschen Kampagne wäre: der immer noch bestehende Mangel an Impfstoff. Gerade erfahren Hausärzte, dass sie mangels Vakzin Mitte Mai faktisch kaum noch BiontechErstimpfungen durchführen können. Und fünf Wochen vor dem Start wissen die Firmen nicht, wie sie ihren Stoff bekommen und ob sie die Priorisierung einhalten müssen. Sie könnten das, aber schneller geht es, wenn die Priorisierung fällt. Wie bei jeder schlecht gemanagten Knappheit brechen Verteilungskämpfe aus. Natürlich darf es nicht sein, dass große Konzerne – womöglich noch die mit Bundesbeteiligung wie Bahn und Telekom – zuerst bedient werden, fürsorgliche Mittelständler hingegen leer ausgehen. Auch hier warten die Unternehmen auf ein Konzept von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn. Wenn Deutschland so Autos bauen würde, wie Bund und Länder impfen lassen, hätten wir noch immer nur Trabis im Angebot. BERICHT