Rheinische Post - Xanten and Moers

Genesene sind nicht gleich Genesene

Nicht alle NRW-Bürger mit überstande­ner Corona-Infektion profitiere­n von Erleichter­ungen. Vor allem weil die Dauer der Immunisier­ung unklar ist.

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DÜSSELDORF (jra) Mal wieder in den Zoo, den Modeladen oder zum Friseur, ohne vorher einen Corona-Test zu machen – das dürfen in NRW seit Montag Menschen, die vollständi­g geimpft sind oder eine Infektion hinter sich haben. Doch Genesene sind nicht gleich Genesene.

Wer profitiert von den neuen Landesrege­lungen? Wie lange gilt jemand als genesen? Wie soll die überstande­ne Corona-Infektion konkret nachgewies­en werden? Auf Nachfrage betont das Ministeriu­m für Arbeit und Gesundheit in Düsseldorf vor allem: „Der Impf- und der Genesungsn­achweis dienen derzeit lediglich als Alternativ­e zu einem Testnachwe­is.“Es müssten daher keine höheren Anforderun­gen an den Nachweis gestellt werden.

Es reiche, wenn Betroffene ihr positives Testergebn­is (PCR-Test) bei Bedarf im Einzelhand­el oder beim Friseur vorzeigen – üblicherwe­ise ein Brief vom Testlabor oder ein digitaler Nachweis. „Es genügt jedes Dokument oder jeder eindeutige digitale Nachweis, der die Personenzu­ordnung ermöglicht und den

Zeitpunkt der Impfung beziehungs­weise des positiven PCR-Testes und die ausstellen­de Stelle erkennen lässt“, so eine Ministeriu­mssprecher­in. Wer die Bescheinig­ung nicht mehr vorliegen habe, soll sich an seinen Arzt oder das ausstellen­de Labor wenden, um sich die Bescheinig­ung erneut ausstellen zu lassen.

Ob und in welcher Form es pragmatisc­here Lösungen für die Nachweise im Alltag geben wird, etwa in Form einer App, dazu macht das NRW-Gesundheit­sministeri­um bislang keine Angaben.

Entscheide­nd bei Genesenen ist der Zeitpunkt der Corona-Erkrankung: Sie muss mindestens 28 Tage her sein, darf aber nicht mehr als sechs Monate zurücklieg­en. Ist die Infektion länger her, werden Genesene behandelt wie Erstgeimpf­te. Betroffene brauchen den Nachweis ihres positiven Testergebn­isses und den Nachweis mindestens einer Impfstoffd­osis. Wie bei voll Geimpften gelten die Erleichter­ungen erst 14 Tage nach dem Piks.

Hintergrun­d der vermeintli­chen Ungleichbe­handlung ist die dünne Datenlage zu Genesenen. „Man kann in den meisten Fällen von einer Immunisier­ung von mindestens sechs Monaten ausgehen“, sagt der Leiter des Instituts für Virologie der Uniklinik Düsseldorf, Jörg Timm. Ausreichen­d Daten über diesen Zeitraum hinaus gebe es noch nicht. Klinische Langzeitst­udien, die etwa derzeit in Großbritan­nien durchgefüh­rt würden, müssten zeigen, wie lange Genesene immun gegen schwere Krankheits­verläufe seien.

Wie auch bei Geimpften ist eine Infektion mit dem Coronaviru­s grundsätzl­ich trotzdem möglich. In seltenen Fällen sei die Viruslast dann auch so hoch, dass theoretisc­h eine Übertragun­g an andere möglich ist, so Jörg Timm: „Absolute Sicherheit gibt es nicht, es wird immer Ausnahmen geben, sowohl bei Geimpften als auch bei Genesenen.“Nach bisherigen Erkenntnis­sen sei die Schutzwirk­ung nach einer Impfung besser als die nach einer Infektion. Ob eine Corona-Impfung nach einem bestimmten Zeitraum – etwa jedes Jahr – aufgefrisc­ht werden muss, ist ebenfalls noch unklar.

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