Rheinische Post - Xanten and Moers
Unternehmen streiten um knappen Impfstoff
Im Juni legen die Betriebsärzte los. Die NRW-Konzerne sind vorbereitet. Familienunternehmen mahnen, nicht nur an Großfirmen zu denken.
DÜSSELDORF In fünf Wochen soll es losgehen. Spätestens ab 7. Juni sollen sich Mitarbeiter über die Firma impfen lassen können, 10.000 Betriebsärzte stehen dafür bereit. Zunächst soll es 500.000 Dosen pro Woche geben. Die große Frage ist, woher sie kommen. „Aktuell ist geplant, dass die Betriebe von Großapotheken direkt mit Impfstoffen beliefert werden, Details werden noch im Bund und in den Ländern geklärt“, sagte ein Sprecher der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein unserer Redaktion. Die zweite Frage ist, wie der knappe Stoff gerecht verteilt wird. Die Kanzlerin mahnte bereits eine faire Distribution trotz der deutschlandweit unterschiedlichen Industriedichte an.
Die Familienunternehmen warnen die Politik, nur an Konzerne zu denken. „Viele Familienunternehmen stehen in den Startlöchern und sind bereit, ihre Mitarbeiter über die Betriebsärzte impfen zu lassen. Dabei ist es wichtig, dass alle Unternehmensgrößen gleichzeitig und ausreichend mit Impfstoff versorgt werden“, sagte Verbands-Präsident Reinhold von Eben-Worlée. Das werde der Impfkampagne Schwung verleihen. „Und den brauchen wir dringend, um endlich wieder über Öffnungen den Wiederaufschwung anzutreiben.“Bis zur Herdenimmunität ist es noch weit: In NRW sind erst 7,7 Prozent der Bürger vollständig geimpft, bundesweit sind es 8,0 Prozent.
Die dritte Frage ist, was aus der Priorisierung wird. Die Gesundheitsminister wollen sie im Juni aufheben, jetzt kann es Ende des Monats werden. Viele Firmen sind bereit, bei der Belegschaft eigenverantwortlich zu priorisieren. Doch lieber sähen sie es, wenn die Priorisierung fällt. „Im Sinne des größtmöglichen Tempos wäre es hilfreich, wenn die Priorisierung bis zum Start des Impfens durch Betriebsärzte flexibler gehandhabt würde“, sagte ein RWE-Sprecher.
So sieht es in NRW aus:
Chemie Henkel hat in der Nähe des Werksgeländes in Düsseldorf ein Impfzentrum eingerichtet. „Wir gehen von einer Kapazität von etwa 1500 Impfungen pro Woche aus“, so eine Sprecherin. Bayer, Covestro, Lanxess und Ineos setzen in Leverkusen, Dormagen und Uerdingen auf den Chempark-Betreiber Currenta. „Wir bereiten uns darauf vor, innerhalb von drei Wochen bis zu 40.000 Mitarbeiter in insgesamt acht Impfstraßen zu impfen.
Wir könnten ab Anfang Juni starten“, erklärte Chempark-Leiter Lars Friedrich. „Offen ist nur, wann wir Impfstoff erhalten.“Auch an allen anderen Standorten will Bayer Impfungen anbieten.
Telekom und Vodafone Die Deutsche
Telekom will bundesweit an
18 Standorten impfen, darunter in Bonn, Düsseldorf und Köln. Man gehe davon aus, innerhalb von acht Wochen rund 80 Prozent der
100.000 Mitarbeiter in Deutschland impfen zu können, so ein Sprecher. Auch das Impfzentrum bei Vodafone
ist betriebsbereit. „Immer abhängig davon, wie viel und welchen Impfstoff wir bekommen, könnten wir pro Woche circa 500 Impfungen am Vodafone-Campus in Düsseldorf durchführen“, so ein Sprecher.
Post und Deutsche Bahn Die Bahn plant bundesweit zehn Impfzentren. In NRW gelten Köln und Duisburg als wahrscheinliche Standorte. Viele Bahn-Mitarbeiter gehören zur Priorisierungsgruppe 3. Sie können sich in vielen Impfzentrum auf die Warteliste setzen lassen. Die Post will mehr als 10.000 Mitarbeiter pro Woche impfen. Schon jetzt schickt sie Mitarbeiter, die als besonders wichtig eingestuft werden, ins Impfzentrum Köln. Dort wie auch in Düsseldorf gibt es Reservelisten: Wenn Impfstoff übrig bleibt, kann dieser an Mitarbeiter von Unternehmen der kritischen Infrastruktur gehen.
Energie Auch RWE hat eigene Impfstraßen: „Wir können sofort an unseren sieben größten betrieblichen Standorten beginnen. Im bestmöglichen Fall könnten unsere 17 Betriebsärzte 80 bis 100 Mitarbeiter am Tag impfen, sodass wir innerhalb von rund zwei Wochen unsere 15.000 Beschäftigten in Deutschland erstimpfen können.“Der Energiekonzern Uniper, der unter anderem seine über 2000 Beschäftigten in Düsseldorf impfen lassen möchte, setzt auf externe Dienstleister: „Wir sind mit unseren Dienstleistern im ständigen Austausch, um Impfungen durchführen zu können, sobald hierfür die regulatorischen Voraussetzungen geschaffen wurden.“Doch noch sei nicht klar, wie man an Impfstoff kommen solle.
Handel Die Metro plant mindestens zwei Impfstraßen am Düsseldorfer Campus, hier können Ärzte rund 200 Impfungen pro Tag durchführen. Zudem prüft die Metro, wie sie die Impfung von Mitarbeitern in den Märkten unterstützen kann. Beschäftigte im Lebensmittelhandel, etwa von Metro, Rewe, Edeka und Aldi, gehören ebenfalls zur Priorisierungsgruppe 3. Auch bei der Metro heißt es: Man bemühe sich bei den staatlichen Stellen um Impfstoff, doch noch sei keiner da. Auch Aldi kann Mitarbeitern noch nichts Konkretes sagen: „Derzeit sind leider noch zu viele Fragen offen.“