Rheinische Post - Xanten and Moers
„Aus dem Urin lassen sich viele Schlüsse über den Gesundheitszustand ziehen“
Das Unternehmen Geberit aus der Schweiz steigt beim Moerser Start-up Medipee ein. Beide von ganz unterschiedlichen Seiten rund um das stille Örtchen aktiv. Die drei Medipee-Gründer halten weiterhin die Mehrheit der Geschäftsanteile. Mit dem neuen Partner
MOERS/RAPPERSWIL „Jeder kennt Urinproben“, sagt Thomas Prokopp. „Sie sind meist unangenehm, besonders für Frauen. Proben werden häufig verschüttet, die Analyse ist sehr fehleranfällig und alles muss auch wieder entsorgt werden. Tendenziell sollten Urinproben viel häufiger durchgeführt werden, da sich aus dem Urin viele Schlüsse über den Gesundheitszustand des Körpers ziehen lassen. Beispiele sind Harn- und Nierenleiden sowie Diabetes. Bei Kinderwunsch, Sport und in der Pflege sind Urinwerte ebenfalls wichtiger Bestandteil der Gesundheitsvorsorge.“
Bedingt durch einen Krankheitsfall in der Familie hatte Thomas Prokopp die Idee, ein berührungsloses Urin-Selbst-Diagnosesystem zu entwickeln. Zusammen mit Paul Bandi und Frank Willems gründete er 2017 das Unternehmen Medipee.
Im April 2021 ist nun Geberit aus der Schweiz bei dem Moerser Start-up als weiterer Investor und Gesellschafter eingestiegen, während die drei Medipee-Gründer weiterhin die Mehrheit der Geschäftsanteile halten. Mit dem frischen Kapital wird die Medipee ihr Urin-Selbst-Diagnosesystem marktreif machen. Im Juni 2021 will sie das Zulassungsverfahren als Digitale Anwendung (DiGA) beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) in Bonn starten. Dafür ist Zeit und Geld für zertifizierte Testreihen notwendig. Mit einer entsprechenden Zulassung wird das Urin-Selbst-Diagnosesystem von den Krankenkassen erstattet. Parallel zum Zulassungsverfahren wird die Medipee, die auf ihr System mehrere Patente hält, nach einem Partnerunternehmen suchen, das die kontaktlosen Diagnosegeräte produzieren soll.
Die Geberit AG könnte dabei für das Start-up mit elf Mitarbeitern am Eurotec-Ring einige Türen öffnen. 1905 begann sie in Rapperswil, Kanton Sankt Gallen in der Schweiz, Spülkästen für Toiletten aus Holz zu bauen, seit 1953 aus Kunststoff. Sie
Thomas Prokopp Medipee-Gründer nahm immer mehr Produkte rund ums Bad ins Programm, um in Europa Marktführer für Sanitärprodukte zu werden. Heute hat die Geberit mit ihren Tochterunternehmen fast
12.000 Mitarbeiter. Sie setzte 2020 drei Milliarden Franken um und ist als AG im SIX Swiss Exchange notiert. Die Geberit punktet konsequent mit Innovation, Design und Nachhaltigkeit, um dafür mehrfach ausgezeichnet zu werden.
Neben der Geberit ist die WBG Pflegegruppe aus der Nähe von Ludwigshafen bei der Medipee eingestiegen, die in der Pfalz an fünf Standorten 600 Pflegeplätze und
200 ambulanten Kunden betreut. Sie investiert kontinuierlich in Startups im Gesundheitswesen. „Mit der Medipee haben wir in ein weiteres spannendes eHealth Start-up investiert“, sagt WBG-Geschäftsführer Dr. Christoph Wagner. „Den Nutzen sehen wir im gesamten medizinischen und pflegerischen Leistungsbereich und darüber hinaus.“