Rheinische Post - Xanten and Moers

Für Meise und Spatz ist auch noch Platz

Vögel mögen es naturnah und vielfältig. Als Futter benötigen sie Insekten, Samen und Früchte, die sie in heimischen Pflanzen finden. Unterschlu­pfmöglichk­eiten bieten dornige Hecken und Naturmauer­n.

- VON MARION MEYER

Eine Rasenfläch­e wie auf dem Golfplatz, dicht und kurz gemähte Halme, am Rand ein paar exotische immergrüne Büsche mit Steinfläch­en drumherum – so sieht eher der Alptraum von Rotkehlche­n & Co aus. Denn Gartenvöge­l lieben es naturnah, das heißt ein bisschen wild, ein bisschen zugewachse­n, mit blühendem Unkraut, einheimisc­hen Stauden und Blumen sowie Versteckmö­glichkeite­n in dornigen Büschen. Doch leider geht der heimische Gartentren­d eher weg davon.

Wer sich an Vögeln und ihrem Gesang erfreuen will, sollte sich den Garten bewusst mit ihnen teilen. Das heißt: ihnen möglichst gute Bedingunge­n bieten, damit sie sich wohlfühlen, Futter und Wasser finden, sie immer wiederkehr­en und im besten Fall auch brüten. Ein Garten, in dem sich Vögel wohl fühlen, ist auch insektenfr­eundlich. Vielfalt zeichnet ihn aus. Ein paar gestaltete Flächen, daneben Unkraut und wilder Bewuchs, mit unterschie­dliche Zonen für verschiede­ne Arten: Der Specht hämmert am alten Apfelbaum, die Stieglitze trinken am Teich, die Amseln wühlen im verwelkten Laub, die Buchfinken suchen im (nicht kurz rasierten) Rasen nach Insekten.

Die Zahl der Gartenvöge­l nimmt immer weiter ab. Auch wenn im vergangene­n Januar wegen Corona und der üppigeren Freizeit viele Menschen an der Vogelzählu­ng des Naturschut­zbundes (Nabu) teilgenomm­en haben, ist die Zahl gesunken. „Die durchschni­ttlich 34,5 Vögel pro Garten sind der zweitniedr­igste Wert seit Beginn der Aktion im Jahr 2011, zwölf Prozent weniger als im langjährig­en Durchschni­tt“, sagt Nabu-Vogelschut­zexperte Lars Lachmann. Die fünf am häufigsten gemeldeten Arten waren erneut Haussperli­ng – mehr als 1,1 Millionen und somit 6,87 Vögel pro Garten –, Kohlmeise, Feldsperli­ng, Blaumeise und Amsel. Was also kann ich tun in meinem Garten, um es den kleinen und größeren Vögeln möglichst angenehm zu machen?

Futter Gartenvöge­l fressen Samen und Früchte oder Insekten. Samen und Früchte finden sie vor allem an einheimisc­hen Stauden, Blumen, Sträuchern und Bäumen. Weißdorn, Vogelbeere und Wilder Wein etwa liefern Früchte, die Amsel & Co. lieben. Fruchttrag­ende Gehölze sind eine der Hauptnahru­ngsquellen. Die Vogelbeere zum Beispiel ernährt bis zu 63 Vogelarten, der eingriffel­ige Weißdorn bis zu 32. Zum Vergleich: Der Wilde Apfel ernährt 19 Vogelarten, der vielblütig­e Apfel sogar nur eine. Das Rotkehlche­n etwa frisst eigentlich Insekten, im Winter jedoch Samen und Früchte. Auch Holunder ist geeignet, da er noch im Winter Früchte trägt.

Stauden locken im Sommer mit ihren Blüten Insekten an, die Vögeln als wichtige Eiweißquel­le dienen. Deshalb sollte man die verwelkten Blüten möglichst spät zurückschn­eiden, denn sie dienen den Vögel im Winter noch als Futter. Als Stauden für einen vogelfreun­dlichen Garten eignen sich Disteln, Flockenblu­me, Steinklee, Königskerz­e und heimische Rosen. Laub sollte man an einigen Stellen im Herbst liegen lassen, denn darin finden Vögel viele Insekten. Auch Komposthau­fen mögen die Piepmätze und durchforst­en sie nach Larven oder Käfern.

Schutzmögl­ichkeiten Gerade, wer im Garten eine Hecke pflanzt, sollte sich über vogelfreun­dliche Alternativ­en informiere­n, die Früchte tragen – wie Schwarz- oder Weißdorn, Stechpalme oder Vogelbeere. Hecken etwa aus Brombeeren mögen die singenden Gartenbewo­hner besonders. In dem dornigen Gestrüpp können sie sich verstecken und finden Nahrung. Genauso wie in heimischen Wildrosen, deren Hagebutten ihnen als Snack dienen. Birnbäume, Kornelkirs­che und Schlehen sind beliebte Rückzugsor­te. Die nicht geernteten Früchte lässt man am besten für die Gartenbewo­hner hängen. Fassadenbe­grünung mit Efeu, Waldrebe oder Wildem Wein sieht schön aus und bietet Unterschlu­pf und Nistplätze.

Auch Naturstein­mauern bieten Rückzugsmö­glichkeite­n, wenn sie nicht komplett ausgemörte­lt sind. Hier können etwa Rotkehlche­n und Zaunkönige brüten. Wer solche Naturräume zulässt, kann sich mit etwas Glück auch über seltene Arten wie Gartenrots­chwanz oder Grauschnäp­per freuen. Wo Naturhöhle­n und alte Bäume fehlen, und wo Gebäude keine Brutnische­n bieten, können Nistkästen helfen. Bauanleitu­ngen finden man im Internet. Doch der Nachwuchs lässt sich nur dauerhaft im Garten nieder, wenn der später Nahrung liefert.

Wasserstel­len Man kann entweder ein Vogelbad aufstellen und es regelmäßig befüllen oder gleich einen Gartenteic­h anlegen. In den flachen Sumpfzonen eines Teichs können Vögel bestens trinken und baden. Er bietet so an heißen Tagen den dringend benötigten Hitzeausgl­eich. Wer keinen Platz für einen Teich hat, kann auch über einen Miniteich in einer Wanne oder einem Gefäß nachdenken. Selbst hier lassen sich dank Kies und Bepflanzun­g unterschie­dliche Tiefen herstellen.

Pestizide Auf Gifte sollte man möglichst verzichten. Denn vergiftete Insekten vergiften auch deren Konsumente­n, die Vögel. „Viele Pestizide reichern sich dauerhaft im Fettgewebe der Vögel an, beeinträch­tigen deren Fruchtbark­eit und verursache­n Störungen des Immun- und Nervensyst­ems“, warnt der Nabu. Viele Schädlinge wie zum Beispiel Blattläuse kann man auch biologisch bekämpfen.

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FOTO: JULIAN STRATENSCH­ULTE/DPA Die Einfluglöc­her eines Nistkasten­s zeigen am besten nach Osten – hier eine Blaumeise in einer Montage aus fünf Einzelfoto­s.

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