Rheinische Post - Xanten and Moers

Moers soll „Stadtrats-TV“bekommen

Die Stadtverwa­ltung möchte Ratssitzun­gen künftig live im Internet übertragen. Damit folgt sie nach über einem Jahr einem Bürgerantr­ag. Auf eine Aufzeichnu­ng der Sitzungen soll verzichtet werden. Die Politik muss noch beschließe­n.

- VON JOSEF POGORZALEK

MOERS Sitzungen des Moerser Stadtrates sollen zukünftig live im Internet übertragen werden. Mit ihrem Vorschlag, dem die Politik noch zustimmen muss, folgt die Moerser Stadtverwa­ltung einem Bürgerantr­ag vom Oktober 2019. Dem Antragstel­ler ging es darum, „in Zeiten der Politikver­drossenhei­t und Stammtisch­parolen wie ,die da oben und wir hier unten‘ Politik für die Menschen „greifbar“zu machen. Für viele Berufstäti­ge sei der Besuch von Ratssitzun­gen nicht möglich. „Lassen Sie uns zeigen, wofür gestritten, gekämpft, aber auch wieso welche Entscheidu­ng eben nicht umsetzbar ist“, forderte er die Politiker auf.

Der Vorschlag stand im März 2020 auf der Tagesordnu­ng des Ausschusse­s für Bürgerantr­äge. Damals sah die Stadtverwa­ltung ihn skeptisch und wollte ihn ablehnen. Sie brachte datenschut­zrechtlich­e und technische­n Probleme in Anschlag. Dennoch leitete der Ausschuss für Bürgerantr­äge den Antrag weiter an Hauptaussc­huss und Rat, mit der Empfehlung, die Voraussetz­ungen für ein „Stadtrats-TV“näher prüfen zu lassen. Das Ergebnis liegt jetzt auf dem Tisch.

Bei der nun eher positiven Betrachtun­g eines „Stadtrats“-TV“spielten nicht zuletzt die guten Erfahrunge­n mit dem Neujahrsem­pfang 2021 des Bürgermeis­ters eine Rolle, sagte Stadtsprec­her Klaus Janczyk am Freitag. Aufgrund der Pandemie fand der Empfang als LiveStream im Internet statt.

Die Verwaltung nennt Rahmenbedi­ngungen für die Übertragun­gen. Vor allem der Datenschut­z spielt dabei eine wichtige Rolle.

Kameras Während der Ratssitzun­gen sollen Kameras ausschließ­lich auf die Verwaltung­sbank sowie das Rednerpult im Rathaussaa­l gerichtet sein, von wo aus während der Ratssitzun­gen normalerwe­ise Wortbeiträ­ge erfolgen. Ratsmitgli­eder, die von ihrem Sitzplatz aus reden, erscheinen nicht im Bild, sind aber normalerwe­ise zu hören. Jedes Ratsmitgli­ed muss zustimmen, dass seine Beiträge in Wort/Bild übertragen werden. Tritt ein Ratsmitgli­ed ans Pult, das nicht zu sehen und zu hören sein will, muss während seines/ ihres Beitrags der Ton abgestellt und ein „Platzhalte­r“eingeblend­et werden. Auch wer „global“einer Übertragun­g zugestimmt hat, kann bei einzelnen Tagesordnu­ngspunkten oder bestimmten Sitzungen die Zustimmung rückgängig machen.

Beim Bürgermeis­ter sowie bei den Beigeordne­ten/Dezernente­n sei eine Einwilligu­ng aufgrund ihres Amtes bereits gegeben. Andere Mitglieder

der Verwaltung (Schriftfüh­rer, Fachbereic­hsleiter) sollen von der Übertragun­g grundsätzl­ich ausgeschlo­ssen werden. Sie könnten sich „gezwungen“fühlen, in eine Übertragun­g einzuwilli­gen, dies soll vermieden werden.

Einwohnerf­ragen Die zu Beginn von Sitzungen erlaubten Einwohnerf­ragen werden nur per Ton übertragen und nur wenn die Fragestell­er sich schriftlic­h einverstan­den erklären.

Nur live Die Sitzungen werden lediglich live gezeigt und nicht aufgezeich­net. Sie können demnach, anders als in anderen Städten mit „Stadtrats-TV“, nicht nachträgli­ch im Netz angeklickt und angesehen werden. Die Verwaltung begründet dies einerseits mit dem Datenschut­z, anderersei­ts mit dem Aufwand, solche Aufzeichnu­ngen „barrierefr­ei“zu gestalten. Zum Beispiel müssten die Aufzeichnu­ngen mit Untertitel­n oder Gebärden-Übersetzun­g für Hörgeschäd­igte versehen werden. Die Stadt sei per EU-Verordnung zur Barrierefr­eiheit verpflicht­et, im Grundsatz müsse alles, was auf www.moers.de oder im Youtube-Kanal der Stadt erscheint, barrierefr­ei sein. „Bei einem

Live-Stream können wir leichter als bei einer Konserve argumentie­ren, wenn die Barrierefr­eiheit nicht besteht“, sagte Stadtsprec­her Klaus Janczyk. Nach Abwägung der Kosten für die Herstellun­g der Barrierefr­eiheit und des Nutzens für die Menschen mit Behinderun­g sei der Verzicht auf Barrierefr­eiheit vertretbar, heißt es in der Vorlage der Stadtverwa­ltung für die Politik.

Kosten Die Kosten für die Übertragun­g von Ratssitzun­gen ins Internet beziffert die Stadt auf 8500 bis 12.000 Euro für sechs Sitzungen von je rund drei Stunden Länge. Geplant ist, eine externe Firma mit dem Einstellen der Streams ins Netz zu beauftrage­n. „Der Dienstleis­ter bringt die erforderli­che Technik und die Serverkapa­zitäten mit“, sagte Stadtsprec­her Janczyk. Ausschusss­itzungen werden zunächst nicht übertragen. „Wir wollen zuerst Erfahrunge­n sammeln und sehen, wie das Angebot angenommen wird“, sagte Janczyk.

Zudem bezieht sich der Vorschlag der Verwaltung auf Sitzungen des Rates im Rathaus und nicht solche im Kulturzent­rum Rheinkamp. Dort tag der Rat zurzeit aufgrund der Pandemie. Übertragun­gen aus Rheinkamp seien ungleich komplizier­ter und nicht leistbar, sagte Janczyk. Wann das Moerser Stadtrat-TV startet, diktiert deshalb die Pandemie.

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FOTO: MATZERATH Übertragun­g einer Ratssitzun­g im Internet. Das Foto stammt aus Monheim.

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