Rheinische Post - Xanten and Moers

So viele Flüchtling­e wie noch nie

- VON JOSEF POGORZALEK

Moers hat im Jahr 2022 bereits mehr geflüchtet­e Menschen aufgenomme­n als in der „Flüchtling­skrise“2015/16. Ein Ende des Flüchtling­sstroms sei nicht abzusehen. Wie der Ukraine-Krieg den Haushalt der Stadt beeinfluss­t.

MOERS Wie es in Moers in Zukunft finanziell weitergeht? Selbst Kämmerer Wolfgang Thoenes muss da im Trüben fischen. „Wenn die Welt ab 2024 nicht wieder in Ordnung ist, wovon wir alle ausgehen, dann wird man Lösungen finden müssen“, sagte er am Mittwoch vor der Presse, als er den Haushaltsp­lan der Stadt für 2023 vorstellte.

So schön es ist, dass dieser Plan mit einer „schwarzen Null“abschließt und den Moersern eine Erhöhung der Grundsteue­r erspart bleibt: Erreicht wird dies erneut durch Trickserei. Die Stadt darf Ausgaben und Minderertr­äge „isolieren“, die auf die Corona-Krise und den Ukraine-Krieg zurückzufü­hren sind – das betrifft Personalko­sten, Minderertr­äge bei Gewerbeste­uern, Kosten der Flüchtungs­unterbring­ung.

Insgesamt 35 Millionen Euro werden im Haushalt 2023 isoliert, wie schon viele Millionen in den vergangene­n Jahren. Bis 2024 erlaubt das Gesetz diesen Trick. Thoenes geht davon aus, dass insgesamt rund 100 Millionen Euro isoliert werden.

Christoph Fleischhau­er Bürgermeis­ter

„Wir leihen uns quasi selber Geld. Ab 2026 müssen wir die Summe aber mit zwei Prozent jährlich abstottern.“Der Haushaltsp­lan 2023 schließt mit einem Überschuss von 600.000 Euro ab. Ohne die Isolation wäre Moers aber tief in den Miesen.

Die Folgen des Ukraine-Kriegs treffen die Stadt hart. Allein für Öl,

Gas und Strom musste der Kämmerer im Haushaltsp­lan 2023 drei Millionen Euro mehr einkalkuli­eren als zuletzt. Und: Die Zahl der Flüchtling­e in Moers steigt und steigt. Sie ist jetzt höher als zurzeit der „Flüchtling­skrise“vor sieben Jahren: Musste die Stadt 2015 insgesamt 1052 geflüchtet­e Menschen unterbring­en, so waren es 2022 bis zum 4. Dezember bereits 1106 Personen. Bis zum 16. Dezember seien weitere 33 Menschen angekündig­t. So kommt Moers Mitte Dezember auf 1139 Geflüchtet­e – davon 580 aus der Ukraine.

Hinzu kommen geschätzt rund 400 Menschen aus der Ukraine, die anderweiti­g (zum Beispiel privat oder in selbst angemietet­en Wohnungen) untergekom­men sind. Ob nach dem 16. Dezember weitere Flüchtling­e nach Moers kommen, kann die Stadt nicht abschätzen. Bisher seien aber Moers pro Woche

bis zu 30 Flüchtling­e zugewiesen worden.

Die Unterbring­ung all dieser Menschen stellt die Stadt vor Herausford­erungen. Das Hotel Van der Valk diene ebenso als Unterkunft wie die Turnhalle Achterrath­sfeld. Zurzeit wird die Turnhalle Kirschenal­lee hergericht­et. Zudem ist die Stadt dabei, Wohn-Container zu organisier­en, die ebenfalls an der Kirschenal­lee aufgestell­t werden sollen.

Mit diesen Aufgaben und den damit verbundene­n Haushaltsp­roblemen steht Moers natürlich nicht allein da. Alle Kommunen seien davon betroffen, und Land und Bund ebenso, sagte Bürgermeis­ter Fleischhau­er. Dank der Möglichkei­t, Kosten zu isolieren, bleibe die Stadt handlungsf­ähig. Auf Dauer werden wohl aber alle ein Stück Wohlstand opfern müssen. „Es wird uns schwer fallen, die Qualität des Lebensstan­dards aufrecht zu erhalten.“

„Es wird uns schwer fallen, die Qualität des Lebensstan­dards aufrecht zu erhalten“

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