Rheinische Post - Xanten and Moers
Personalnot: Saal Schepers schließt 2025
Fehlender Nachwuchs sorgt in der Gastronomie für große Probleme. Für den Gaststättenverband Nordrhein ist klar, dass Deutschland Zuwanderungsland werden muss, um dem Arbeitskräftemangel dauerhaft zu begegnen.
WESEL An der vielbefahrenen Schermbecker Landstraße (B 58) im Weseler Stadtteil Obrighoven ist Schepers eine Institution. In der gemütlichen Gaststätte, in der Inhaber Klaus Schepers hinter der Theke steht, werden Schnitzel, Rumpsteaks, frischer Fisch & Co. serviert. Und im großen Saal nebenan werden bei Jubiläen aller Art, bei Firmenfeiern, Jahreshauptversammlungen und Parteiveranstaltungen gerne niederrheinische Spezialitäten wie Rinderrouladen, Grünkohl und Hochzeitssuppe nach Großmutters Art angeboten. Natürlich alles frisch und mit Liebe gekocht von mehreren Frauen, die wissen, wie’s geht.
Doch gibt es da ein Problem, ein großes sogar. Eines, das dafür sorgen wird, das Klaus Schepers den Saal Ende 2024 schließen wird. „Jedenfalls zu 80 Prozent. Wir werden den Saal ab Januar 2025 dann nur noch für Beerdigungskaffees sowie für zwei oder drei Ü-40-Partys im Jahr öffnen. Grund ist, dass wir nicht mehr das nötige Personal für den Saalbetrieb haben“, sagt der 54-Jährige, der einst eine Lehre zum Restaurantfachmann im Weseler Lippeschlösschen absolviert hat. Von der Schließung nicht betroffen ist die Gaststätte selber, die Klaus Schepers in ihrer jetzigen Form vor etwas mehr als 20 Jahre eröffnet hat (siehe Infobox).
Wenn er sagt, dass ihm das Personal fehlt, dann meint er damit, dass die Mitarbeiterinnen – zwei Festangestellte und mehrere Küchendamen – zwischen Ende 50 und Mitte 60 sind und künftig „kürzer treten wollen, was auch verständlich ist“, betont der Wirt. Seine mittlerweile 83-jährige Mutter war im Pandemiejahr 2020 in den endgültigen Ruhestand getreten. Und weil kein Nachwuchs in Sicht ist, der bereit und in der Lage ist, die Lücken zu füllen, wird das Saalgeschäft eben Ende 2024 eingestellt – bis auf die besagten Beerdigungskaffees und die Partys alle paar Monate mal.
Mit dem Ende des Saales Schepers wird es in Wesel immer schwieriger, einen gemütlich Raum zu reservieren, in dem auch leckeres Essen so wie früher angeboten wird. Klaus Schepers denkt kurz nach, wer die Lücke ab 2025 füllen könnte. „Mir fallen da spontan nur Wortelkamp in Damm, Pollmann in Blumenkamp, Pooth in Bislich und Hüfing in Brünen ein“, sagt er. Die Gastronomie Krumme in Schepersfeld hat ja, wie berichtet, bereits ihren Betrieb wegen Personalmangels eingestellt. Die marode Weseler Niederrheinhalle ist zu und wird abgebrochen. Und das Landhotel Voshövel in Schermbeck-Weselerwald hatte bekanntlich den großen Saal abreißen lassen, um dort neue Restaurants zu bauen.
Wie in vielen anderen Branchen, so bereitet der Personalmangel gerade auch der Gastronomie allergrößte Sorgen. Das bestätigt auch Thomas Kolaric, Geschäftsführer des Hotel- und Gaststättenverbandes Nordrhein (Dehoga) mit Sitz in Neuss. Natürlich kennt er den Mitgliedsbetrieb Schepers sei Jahren. Und er ist froh, dass wenigstens die Gaststätte erhalten bleibt. „Das Personalproblem ist kein Weseler oder Problem des Niederrheins, sondern ein flächendeckendes“, sagt er. Die
Betriebe würden unterschiedlich auf die Fachkräfte- beziehungsweise auf die generelle Arbeitskraftproblematik reagieren. „Entweder werden Öffnungszeiten eingeschränkt, mehr Ruhetage eingeführt, Speisekarten angepasst oder Flächen nicht mehr bewirtschaftet, wie das wohl demnächst bei Schepers der Fall sein wird. Das ist eine gängige Methode, auf die geänderten Verhältnisse auf dem Arbeitsmarkt zu reagieren“, sagt Thomas Kolaric im Gespräch mit unserer Redaktion.
Doch gibt es irgendein Patentrezept, wie das Problem, wenn auch nicht kurzfristig, dann doch wenigstens mittel- und langfristig gelöst werden kann? Für den Dehoga-Geschäftsführer gibt es nicht die eine Lösung, für ihn kommt der Zuwanderung aber eine Schlüsselrolle zu: „Ehrlich gesagt glaube ich nicht mehr, dass man den Bedarf allein aus dem bestehenden Arbeitsmarkt decken kann. Digitalisierung und Robotik werden das Problem lindern, aber nicht lösen. Meiner Meinung nach müssen wir den Fokus auf Ein- beziehungsweise Zuwanderung richten.“Und zwar nicht wie in den Jahren des Wirtschaftswunders mit Arbeitskräften im Schwerpunkt aus Südeuropa. Kolaric denkt vielmehr an Menschen aus Asien, Nordafrika, Südamerika, aber auch vom Balkan.
„Aus anderen EU-Ländern werden wir keine Arbeitskräfte bekommen, weil das Problem einer immer älter werdenden Gesellschaft dort ebenfalls herrscht und immer mehr Menschen aus dem Arbeitsmarkt herausgehen.“Die Politik müsse die gesetzlichen Voraussetzungen schaffen, damit Deutschland ein Einwanderungsland werde. „Wir brauchen zudem eine Willkommenskultur, damit die Menschen aus anderen Nationen sich hier wohl- und heimisch fühlen, damit sie auch bleiben. Wir im Gastgewerbe wissen, wie keine andere Branche, wie Integration geht und zeigen das jeden Tag. Aber die grundsätzlichen Bedingungen müssen sich verbessern“. Zumal man sich in direkter Konkurrenz mit anderen westlichen Staaten befinde. Ansonsten werde der Arbeitskräftemangel über kurz oder lang dazu führen, „dass wir unseren Wohlstand verlieren. Und das will niemand ernsthaft.“