Rheinische Post - Xanten and Moers

Probe geglückt – und im Ernstfall?

- VON JULIA RATHCKE

Im Jahr 2020 ging er schief, im Jahr darauf fand er erst gar nicht statt. Der Warntag in Deutschlan­d wurde nicht sanft und gewissenha­ft aus der Wiege gehoben – er war vielmehr eine schwere Geburt. Vorangetri­eben, und bei vielen überhaupt erst ins Bewusstsei­n gerufen, wurde das Thema maßgeblich sicher durch die Flutkatast­rophe im Juli 2021. Schmerzlic­h erfahren mussten etliche Menschen damals, dass der Zusammenbr­uch von Mobilfunkn­etzen im Ernstfall über Leben und Tod entscheide­n kann. Wie ernst die Lage von der Erft bis an die Ahr war, zeigte sich auch Außenstehe­nden erst viel zu spät.

Für Lagen von besonderer Bedeutung, wie etwa Großbrände, einen Terroransc­hlag, eine Epidemie oder Unwetter, ist ein öffentlich­es Warnsystem auf technisch neuestem Stand unerlässli­ch. Der Warntag, vor allem die Einführung der Cell-Broadcast-Technologi­e, war ein längst überfällig­er Schritt. Zwar sind Handy-Apps wie Katwarn oder Nina seit gut zehn Jahren verfügbar, allerdings abhängig davon, dass Handynutze­r sie installier­t haben – und die Mobilfunkn­etze im Notfall nicht überlastet sind.

Für Warnungen via Cell Broadcasti­ng müssen Handys lediglich eingeschal­tet, empfangsbe­reit und nicht allzu veraltet sein. Die Technologi­e ist keineswegs futuristis­ch; es gibt sie beinahe so lange, wie es SMS gibt – seit Ende der 90er-Jahre. In anderen Ländern ist sie längst Standard, die Niederland­e nutzen das auf Cell Broadcast basierende Alarmsyste­m NL-Alert seit 2012. Probealarm gibt es zweimal jährlich, echte Warnungen regelmäßig – etwa während der Pandemie.

Wie deutsche Behörden das System in Notfällen nutzen werden, wird sich zeigen. Mit dem Warntag zeigt sich der Präsident des Bundesamte­s für Katastroph­enschutz zufrieden. Aber man wird alles im Detail erst noch auswerten müssen. Klar ist auch: Ein gelungener Probealarm ist noch keine Garantie.

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