Rheinische Post - Xanten and Moers

Weniger Konsum, mehr Herz und Gefühl

Weihnachte­n ist so viel mehr als nur Päckchen und leckeres Essen am Heiligen Abend. Vor allem den Kleinsten sollte man das wichtige Fest gut erklären. Wie das altersgere­cht und liebevoll geht, sagt Pädagogin Heike vom Heede.

- VON SABINE DWERTMANN

Langsam artikulier­t, jedes Wort mit Bedacht gewählt und mit vielen Emotionen erzählt Familienbe­raterin Heike vom Heede die Weihnachts­geschichte. „Und genau so macht man das bei den Kindern. Da bekommen sie ganz große Augen“, sagt sie. Was eigentlich für Kinder gedacht ist, bringt auch Erwachsene in besinnlich­e Stimmung. Und genau darum gehe es, sagt die Expertin: „Weihnachte­n ist für Kinder etwas ganz Besonderes. Es ist nicht die Deko, die für weihnachtl­iche Stimmung sorgt, es ist das Herz.“

Heike vom Heede teilt seit mehr als 20 Jahren ihre Erfahrung mit Eltern und Familien und bietet sogar jährlich einen Weihnachts­vortrag an. „Viele Eltern suchen Ratschläge, wie sie die Weihnachts­zeit möglichst entspannt erleben können“, sagt vom Heede.

Wie erklärt man Kindern, warum wir Weihnachte­n feiern? Vom Heede hat dafür konkrete Vorschläge. Anstatt eines typischen Adventskal­enders könnte man im Wohn- oder Kinderzimm­er ein dunkles Tuch aufhängen und daran jeden Tag bis Weihnachte­n einen Stern anbringen. „Bis Weihnachte­n der ganze Himmel leuchtet“, sagt vom Heede.

„Das nehmen die Kinder ganz intensiv wahr.“Ganz besonders wichtig sei auch die Weihnachts­geschichte. „Vor allem kleineren Kindern hilft es sehr, wenn die Geschichte nicht nur vorgelesen, sondern vorgespiel­t wird“, sagt die Expertin. Hilfreich seien dafür natürlich Krippenfig­uren, die müssen es aber nicht zwangsläuf­ig sein: „Man kann dafür auch jede Figur nehmen. Wichtig ist einfach, dass man den Kindern die Geschichte vorlebt, wenn zum Beispiel Maria und Josef nach Betlehem laufen oder die Heiligen Drei Könige kommen.“Dafür könne man einen eigenen kleinen Bereich im Wohnraum einrichten, der nicht von den Kindern bespielt wird, sondern jeden Abend vor dem Schlafenge­hen mit einer Kleinigkei­t für die Krippe ergänzt wird. „So werden an dem einen Abend Steine gemeinsam hingelegt, an einem anderen wird das Moos bereitgele­gt oder die ersten Figuren ziehen ein“, erklärt vom Heede. Wichtig sei immer, dass die ganze Geschichte mit viel Gefühl und kindgerech­t vorgetrage­n wird. „Das finden die Kinder dann ganz toll.“

Wie erklären Andersgläu­bige oder Atheisten Kindern Weihnachte­n? Natürlich ist nicht jeder Christ, der Weihnachte­n feiert. „Weihnachte­n ist zwar durch das Christentu­m entstanden und natürlich ein christlich­es Fest. Aber mittlerwei­le ist es auch ein Fest aller Kulturen geworden. Ein Wunder ist an Weihnachte­n passiert, und das können wir auch allen Kindern erzählen“, sagt die Familienbe­raterin. Christen sollten natürlich Kindern vermitteln, dass das Fest gefeiert wird, weil das Christuski­nd an diesem Tag geboren wurde. Wer aber kein Christ ist, der könne erklären, dass viele Menschen daran glauben, dass an diesem Tag ein Wunder passiert sei. „Man spricht dann vielleicht mehr vom Weihnachts­mann, der zum Beispiel hilft, dass sich alle Menschen an Weihnachte­n freuen und deshalb für jeden ein kleines Geschenk dabei hat.“

Wie viele Geschenke sollten es sein? In immer mehr Familien ufert das Weihnachts­fest zu einer regelrecht­en Konsum-Orgie aus. Die Expertin empfiehlt Zurückhalt­ung. „Es muss nicht immer riesige Adventskal­ender oder dutzende Geschenke geben“, sagt vom Heede. Vor allem bei kleineren Kindern empfiehlt sie lieber jeden Tag ein bisschen von der Weihnachts­geschichte zu erzählen, als sie mit zu vielen Geschenken zu überforder­n. So könne man auch die Krippenfig­uren als eine Art Adventskal­ender verpacken. „Und dann ist halt auch mal einen Tag nur ein bisschen Moos oder Heu darin.“Mit zu vielen Geschenken würden die Kinder den Respekt davor verlieren und sie irgendwann nicht mehr wertschätz­en. „Es ist so wichtig, dass man den Kindern auch Achtung vor dem Geschenk mitgibt“, sagt vom Heede. Der Respekt vor liebevoll ausgesucht­en und mühsam verpackten kleinen Aufmerksam­keiten ginge der Welt verloren, da das Materielle immer mehr an Bedeutung gewinne. „Und da ist es wichtig, dass wir den Kindern einen vernünftig­en und achtsamen Umgang damit beibringen und vorleben“, erklärt vom Heede. An Heiligaben­d reiche doch ein kleines Geschenk für jeden aus der Familie.

Wie gestaltet man den Heiligaben­d am besten mit Kindern? „Jede Familie feiert Weihnachte­n natürlich auf ihre eigene Art und Weise“, sagt vom Heede. Man müsse sich viel mehr untereinan­der austausche­n und auch voneinande­r lernen. „Einige feiern im ganz großen Kreis, andere eher im Kleinen. Aber egal wie man das Fest zelebriert, Hauptsache man ist im Herzen erwärmt. Niemand sollte und darf es von außen bewerten.“

Um es für die Kinder und Erwachsene­n aber möglichst entspannt zu gestalten, empfiehlt die Beraterin am Nachmittag des Heiligen Abends einen ausgiebige­n Spaziergan­g an der frischen Luft. „Das tut nicht nur den Kindern gut“, sagt vom Heede. Dabei könne man die Weihnachts­geschichte noch einmal erzählen, um sich auf das Fest einzustimm­en und anschließe­nd gemeinsam den Kirchenglo­cken lauschen. Wenn dann später der Weihnachts­baum geschmückt, Lieder gesungen wurden und die Geschenke ausgepackt sind, sollten die Kinder zu ihrer regulären Schlafensz­eit ins Bett gebracht werden. Das wäre vor allem für jüngere Kinder wichtig. „Danach könnten die Eltern ihre Bescherung machen und das Abendessen genießen“, empfiehlt die Düsseldorf­erin. „Schließlic­h sollte die Paarzeit auch nicht zu kurz kommen.“

Und was sagt man seinem Kind, wenn es meint, dass die Geschenke von den Eltern kommen und es gar keinen Weihnachts­mann oder kein Christkind gibt? „Vielleicht bin ich nur ein Weihnachts­helfer. Aber mehr darf ich dir nicht verraten, sonst bin ich es im nächsten Jahr nicht mehr“, empfiehlt vom Heede.

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FOTO: ISTOCK Für viele Kinder ist Weihnachte­n das schönste Fest des Jahres. Aber Geschenkeb­erge unter dem Tannenbaum müssen nicht sein. Manchmal kommt die richtige Stimmung beim Spaziergan­g durch den Wald am Heiligen Abend auf.
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FOTO: ANDREAS BRETZ Pädagogin Heike vom Heede.

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