Rheinische Post - Xanten and Moers
Auf Flick warten bis zur Heim-EM viele Aufgaben
NEU-ISENBURG (dpa) Für Hansi Flick geht es weiter. Ein „Weiter so“kann es für ihn als Bundestrainer aber nicht geben. Auch wenn ein Rauswurf laut DFL-Boss Hans-Joachim Watzke trotz des WM-Debakels in Katar „nicht eine Sekunde zur Diskussion stand“. Flicks Versprechen für die Heim-EM 2024 lautet: „Wir als Mannschaft können viel mehr erreichen, als wir in Katar gezeigt haben. Wir haben dort eine große Chance verpasst. Daraus werden wir unsere Lehren ziehen.“Daran muss er sich messen lassen, wenn im März 2023 eine lange Serie von Testpartien bis zum EM-Eröffnungsspiel am 14. Juni 2024 in München beginnt.
Flick wird sich in den nächsten Monaten weiterentwickeln müssen. DFB-Direktor Oliver Bierhoff als Kompagnon und Schutzschild ist nicht mehr da. Wie sehr ihn das wurmt und schmerzt, hat Flick hinlänglich zum Ausdruck gebracht. Flick wird genau beobachten, was im Dunstkreis der Nationalmannschaft nun passiert. Wie am Donnerstag bei der Pressekonferenz von Watzke, der für die Schlüsselpersonalie möglicherweise andere Interessen verfolgt als Flick.
Einen Schnellschuss muss es nach Ansicht von Watzke nicht geben, auch wenn er eine „Lösung vor
Weihnachten schön“fände. Ob das „Vakuum“, das Bierhoff nach seinem Rückzug hinterlasse, von einer oder zwei Personen geschlossen werde, müsse man abwarten. „Am Ende ist das eine DFB-Entscheidung“, sagte DFB-Vizepräsident Watzke in seiner Funktion als DFL-Aufsichtsrat.
Für Flick ist die zweite Chance als Bundestrainer eine Art Emanzipation. Ein Erwachsenwerden im DFBKontext, in dem er als Assistent von Joachim Löw bis zum WM-Sieg 2014 mitschwebte und als Bundestrainer in Bierhoff einen starken, weil polarisierenden Wegbegleiter hatte. Flick wird eine selbstbewusstere Rolle einnehmen müssen. Kernaufgabe ist nämlich die Rückeroberung der enttäuschten und mittlerweile sogar gleichgültigen Fan-Herzen.
Natürlich gelingt so etwas am ehesten mit attraktivem Fußball und Siegen, so, wie es unter Flick bei seinem Rekordstart als Bundestrainer mit acht Erfolgen schon ganz zart der Fall war. Aber auch mehr Nahbarkeit und weniger Abschottung sind angesagt. Die Nationalmannschaft muss wieder ins wirkliche Leben zurück, diesseits der hohen Mauern eines Zulal Wellness Resorts. Öffentliche Trainingseinheiten vor Heimspielen könnten auch ein probates Mittel sein.