Rheinische Post - Xanten and Moers

Theater abseits der Abenteuerr­omantik

Viola Köster inszeniert für das Schlossthe­ater eine Bühnenadap­tion von „Ruf der Wildnis“nach Jack London.

- VON ANJA KATZKE

MOERS Viola Köster steht eigentlich nicht auf Abenteuerr­omantik und Naturverkl­ärung. Auf Jack London und seinen Roman „Ruf der Wildnis“kam sie denn auch erst durch eine Dramatisie­rung des Stoffes für die Bühne. Und die reizte die Dramaturgi­n des Schlossthe­aters so sehr, dass sie beschloss, erstmals in Moers ein Stück zu inszeniere­n und Regie zu führen. Die Bühnenadap­tion stammt von Soeren Voima. „Er ist ein toller Autor und Schauspiel­er. Und mit seinem Text hat er ein sprachlich­es Kunstwerk geschaffen“, sagt Viola Köster, die inzwischen in der vierten Spielzeit am Schlossthe­ater engagiert ist. Es handele sich um einen komplett metrischen Text in Form der Heldengesä­nge. „Die Herausford­erung für die Schauspiel­er ist, dass sie ihn schnell und rhythmisch nach vorne raus sprechen müssen“, betont die Regisseuri­n. Soeren Voima habe einen ebenso poetischen wie brutalen Text abseits von besagter Abenteuerr­omantik und Naturverkl­ärung darüber geschriebe­n, was mit dem Einzelnen passiert, wenn er zum Kampf ums Überleben gezwungen wird.

Viola Köster bringt ihre Inszenieru­ng am Donnerstag, 15. Dezember, im Pulverhaus des Schlossthe­aters zur Premiere. „Das passt ganz gut“, sagt sie. „Denn das Gebäude war ja mal Waffenlage­r des Schlosses.“Außerdem sei es für ein Extra-Format wie „Ruf der Wildnis“sehr charmant. In dem Roman beschreibt Jack London aus der Sicht des Hundes Buck das harte und qualvolle Leben zur Zeit des Klondike-Goldrausch­es Ende des 19. Jahrhunder­ts in Alaska. „Er wechselt wie ein Wanderarbe­iter sozusagen von Job zu Job und arbeitet sich bis zum Leithund vor. Zwischen Ehrgeiz, Erschöpfun­gszustände­n sowie Todeskämpf­en im ewigen Eis mutiert er langsam aber sicher zum Raubtier, das keine Skrupel mehr kennt – weder sich selbst noch anderen gegenüber“, fasst Viola

Köster den Inhalt zusammen. In ihrer Inszenieru­ng will sie dieser kapitalist­ischen Raubtierme­ntalität auf den Grund gehen. Es gehe um Machtspiel­e und um die Frage, was den Menschen zum Gewinn maximieren­den Raubtier mutieren lässt. Die Regisseuri­n hat aber auch eine mystische und unterbewus­ste Seite ausgemacht. Der Ruf aus der Wildnis stehe auch für ein Zurück nach dem ursprüngli­chen Leben.

„Er spiegelt heute in Anbetracht von Krisen und Erschöpfun­gszustände­n eine Sehnsucht wider, die das Alte sucht – auch als ideologisc­her Ruf in alte Machtmecha­nismen“,

befürchtet sie. Denn das sei nicht gut. Dabei behält Viola Köster auch den Schriftste­ller Jack London selbst im Blick. Dieser habe sich immer wieder in widersprüc­hliche Argumente rund um die These „Survival of the fittest“verstrickt, erklärt sie nach der Recherche.

„Er rechtferti­gt seine Selbstbezo­genheit mit den Schriften Darwins, sein Engagement für sozialisti­sche Ideen mit den Analysen von Marx.“All dies lotet die Regisseuri­n zusammen mit den Schauspiel­ern Matthias Heße und Roman Mucha auf der kleinen Bühne im Pulverhaus aus. Im Mittelpunk­t steht ein Bett, voll beladen mit schweren Goldklumpe­n. Eigentlich würden sich die Protagonis­ten darin gerne ausruhen. Doch sie müssen immer wieder zuerst die Steine wegräumen. „Das Bett ist für sie ein Sehnsuchts­ort“, sagt Viola Köster. Eine Projektion zeigt derweil den Wald in einer Endlosschl­eife, der sich an das Pulverhäus­chen anschließt. Die Natursehns­ucht, vor allem die jeweilige politisch wechslende Sichtweise darauf, interessie­re sie schon seit ihren Studienzei­ten, sagt Viola Köster am Donnerstag. Die Bühnenadap­tion von „Ruf der Wildnis“wurde 2017 am Theater Darmstadt uraufgefüh­rt. „Es war eine Auftragsar­beit von Soeren Voima für das Theater“, berichtet Viola Köster.

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FOTO: NORBERT PRÜMEN Viola Köster und die Schauspiel­er Matthias Hesse und Roman Mucha im Bühnenbild von Ruf der Wildnis.

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