Rheinische Post - Xanten and Moers
Hilflos gegenüber den Mullahs
Nach der ersten Hinrichtung eines Demonstranten seit Beginn der Proteste im Iran ist der Aufschrei im Westen völlig zu Recht groß. In Deutschland wurde der iranische Botschafter einbestellt – die stärkste diplomatische Geste, zu der man greifen kann. Außenministerin Annalena Baerbock warf der Führung in Teheran nach Vollstreckung des Todesurteils an dem 23-jährigen Mohsen Schekari „Menschenverachtung“vor. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sprach mahnende Worte: Die Menschenrechte seien keine Erfindung des Westens, sondern eine zivilisatorische Errungenschaft der Menschheit. Wie wahr.
Was aber folgt aus diesem kollektiven Aufschrei? Die Exil-Iraner, die ihr Volk unterstützen, fordern zu Recht mehr als warme Worte. Aber gibt es überhaupt Instrumente, um ein mächtiges Regime vom Terror gegen das eigene Volk abzuhalten? Am Montag treffen sich in Brüssel die EU-Außenminister. Eine Forderung ist etwa, die Revolutionsgarden auf die Sanktionsliste zu setzen. Oder die Visa-Richtlinien anzupassen, Sanktionen gegen Mitglieder des Regimes auszuweiten. Internationale Untersuchungen im Land selbst weiterzuverfolgen, wie es die verabschiedete Iran-Resolution des UN-Menschenrechtsrats vorsieht.
Was auch immer es für Ideen gibt – die Europäische Union steht unter Zugzwang. Der Glaube, die Vertreter des Regimes könnten noch als normale Ansprechpartner dienen, hat sich erledigt. Allerdings, und das gehört leider auch zur Wahrheit: Am Ende wird sich der Erfolg der iranischen Unabhängigkeitsbewegung im Iran selbst entscheiden. Das Regime stürzen können nur der Wille, der Mut und die Verzweiflung der Iranerinnen und Iraner. Doch von außen kann man deutlich machen, dass die Welt ihren mutigen und lebensgefährlichen Kampf sieht und unterstützt. Nicht mehr, aber auch auf keinen Fall weniger.