Rheinische Post - Xanten and Moers

Indonesien verschärft seine Strafgeset­ze

- VON BARBARA BARKHAUSEN

Bali ist ein Traumziel für Urlauber und Aussteiger. Doch auf Druck islamische­r Kräfte im Land gibt es jetzt neue rechtliche Regelungen, die auch für Ausländer zum Problem werden könnten.

JAKARTA/SYDNEY Die Balinesen sind Rückschläg­e gewohnt. Während der Pandemie kam der Tourismus auf der Insel zum Erliegen. Zuvor hatten Bombenansc­hläge und Vulkanausb­rüche die Besucherza­hlen einbrechen lassen. Nun kommt zu dieser Liste ein neues Strafgeset­z, das das indonesisc­he Parlament jetzt verabschie­det hat – ein Gesetz, das „den Tourismus auf Bali zerstören“könnte, wie Phil Robertson, stellvertr­etender Asien-Direktor bei der Menschenre­chtsorgani­sation Human Rights Watch, auf Twitter schrieb.

Auch von anderen Stellen in der Branche ist durchgesic­kert, dass man die neuen Strafgeset­ze für kontraprod­uktiv beim geplanten Ausbau des Tourismuss­ektors halte. Denn eigentlich hat die indonesisc­he Regierung gleich mehrere Initiative­n gestartet, um mehr Ausländer ins Land zu holen. Neben einem Visum für digitale Nomaden will das Land Ausländer künftig mit einem neuen Zweitwohns­itz-Visum anlocken. Seit Anfang 2020 plant der südostasia­tische Inselstaat zudem zehn „neue Balis“: Touristenz­iele, die besser erschlosse­n werden sollen – wie Mandalika auf der Insel

Lombok, der Tobasee in Nord-Sumatra oder Labuan Bajo, das „Gateway“zum Komodo-Nationalpa­rk mit seinen Komodowara­nen.

Die neuen Gesetze haben internatio­nal für Aufsehen gesorgt. Denn sie sehen unter anderem vor, dass Paare strafrecht­lich verfolgt werden können, wenn sie außereheli­chen

Sex haben oder vor der Ehe zusammenle­ben. Auch Ehebruch gilt als ein Vergehen, das eine zwölfmonat­ige Gefängniss­trafe nach sich ziehen kann. Menschenre­chtsorgani­sationen bezeichnet­en die neuen Gesetze als einen erhebliche­n Schlag für die Menschenre­chte. Der Kodex enthalte Artikel, die die Rechte von Frauen, religiösen Minderheit­en sowie Lesben, Schwulen, Bisexuelle­n und Transgende­r-Menschen verletzten, erklärte Human Rights Watch.

Derzeit leben Millionen Paare in Indonesien ohne Heiratsurk­unde. Sie alle würden damit theoretisc­h gegen das Gesetz verstoßen.

Besonders trifft dies indigene Völker, aber auch viele Muslime, die in ländlichen Regionen nur mit islamische­n Zeremonien, den sogenannte­n Kawin Siri, verheirate­t werden.

Das neue Strafgeset­z soll aber erst nach einer dreijährig­en Übergangsp­eriode in Kraft treten. Damit könnte es in der Zwischenze­it noch vor Gericht angefochte­n werden. Human Rights Watch sieht in den neuen Regelungen jedoch eine „Reaktion auf den zunehmende­n religiösen Konservati­smus“im mehrheitli­ch muslimisch­en Indonesien, wo Teile des Landes strenge islamische Kodizes durchsetze­n. Im touristisc­hen Hotspot Bali ist die Bevölkerun­g aber überwiegen­d hinduistis­ch. Deswegen herrschte dort bislang ein liberalere­s Umfeld, das westliche Touristen anspricht. Doch das könnte sich jetzt ändern. „Müssen Touristenp­aare nachweisen, dass sie verheirate­t sind?“, fragte sich Putu Winastra, Vorsitzend­er der größten Tourismusg­ruppe des Landes, der Associatio­n of The Indonesian Tours And Travel Agencies. „Jetzt werden ausländisc­he Touristen es sich zweimal überlegen, nach Bali zu reisen, weil sie wegen Gesetzesve­rstößen inhaftiert werden könnten.“

Auch Ian Yeoman, außerorden­tlicher Professor für Tourismus an der neuseeländ­ischen Victoria University of Wellington, sagte, dass ohne Sex kein Tourismus möglich sei. „Es gibt die ganze Hochzeitsb­ranche, die Romantikbr­anche, den Liebestour­ismus“, berichtete er im Interview mit dem neuseeländ­ischen Nachrichte­nmedium „Stuff“. All das setze voraus, dass man dies im Urlaub auch tun dürfe.

Trotzdem wird Urlaubern – sollte

das Gesetz in drei Jahren tatsächlic­h in Kraft treten – wohl weniger das Thema außereheli­cher Sex Schwierigk­eiten bereiten. Denn dieses Vergehen kann nur von einem engen Familienmi­tglied angezeigt werden. Damit trifft es vermutlich eher die indonesisc­he Bevölkerun­g als Besucher aus dem Ausland.

Häufiger könnten Urlauber die neuen Gesetze dagegen bei anderen Ordnungswi­drigkeiten zu spüren bekommen, bei denen ebenfalls hart durchgegri­ffen werden soll. So stehen Geld- und teilweise Gefängniss­trafen auf Trunkenhei­t an öffentlich­en Plätzen, auf das Bereitstel­len von Alkohol für bereits Betrunkene, auf den Besitz von pornografi­schem Material und auf Sex an einem öffentlich­en Ort. Auch bei Drogenbesi­tz, -handel und -import werden weiterhin harte Strafen verhängt. Diese Vergehen ziehen weiterhin ein Minimum von drei und ein Maximum von 20 Jahren im Gefängnis nach sich.

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FOTO: CAROLA FRENTZEN/DPA Sonnenunte­rgang am berühmten Kuta Beach auf Bali. Vertreter der Tourismusb­ranche in Indonesien fürchten einen Einbruch der Zahlen, wenn das neue Strafgeset­z in Kraft tritt.

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