Rheinische Post - Xanten and Moers
Faeser will schärferes Disziplinarrecht
Die Innenministerin fordert schnellere Verfahren gegen „Reichsbürger“im Staatsdienst.
BERLIN (dpa/rtr) Als Konsequenz aus der Aufdeckung von Verschwörungsabsichten in der sogenannten „Reichsbürger“-Szene will Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sowohl das Diziplinar- als auch das Waffenrecht verschärfen. So will das Bundesinnenministerium nach Angaben aus Ministeriumskreisen schnellere Verfahren gegen Bundesbeamte ermöglichen, um sie zurückstufen, entlassen oder ihnen das Ruhegehalt aberkennen zu können, falls man ihnen schwere Dienstvergehen nachweisen kann. Hintergrund sind die bisher teilweise jahrelangen Verfahren vor Verwaltungsgerichten, in denen Beschuldigten die Bezüge weiter gewährt werden müssen. Unter den bei Razzien am Mittwoch Festgenommenen sind auch Beamte und Angestellte von Bundesdiensten oder -einrichtungen.
Der Straftatbestand der Volksverhetzung soll künftig in die Liste der Gründe für die Beendigung des Beamtenverhältnisses aufgenommen werden, sodass eine rechtskräftige Verurteilung wegen Volksverhetzung nicht erst wie bisher bei einer Freiheitsstrafe von einem Jahr, sondern bereits bei einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten zum Verlust der Beamtenrechte führt.
Auch in Nordrhein-Westfalen sollen Extremisten im Staatsdienst nach dem Willen von Innenminister Herbert Reul (CDU) leichter aus dem Beamtenverhältnis entlassen werden können. „Bei Straftaten, die in hohem Maße das Grundvertrauen in den Staat erschüttern, müssen Beamte ohne weitere Verzögerung aus dem Dienst entfernt werden können“, sagte Reul dem „Handelsblatt“mit Blick auf Landesbedienstete.
„Wir haben es nicht mit harmlosen Spinnern zu tun, sondern mit Terrorverdächtigen, die jetzt allesamt in U-Haft sitzen“, sagte Bundesinnenministerin Faeser der „Bild am Sonntag“zu den Razzien in der „Reichsbürger“-Szene. Die Zahl derjenigen, die das Bundesamt für Verfassungsschutz dem „Reichsbürger“-Milieu zuordne, sei im Vergleich zum Vorjahr um 2000 auf 23.000 Personen gestiegen, sagte die SPD-Politikerin weiter. 239 Gewalttaten von „Reichsbürgern“seien im letzten Jahr registriert worden.
In Sicherheitskreisen war bereits in den vergangenen Tagen betont worden, dass man mehr als 1000 sogenannten Reichsbürgern ihre Waffenscheine wieder entzogen habe. Faeser kündigte nun an, dass die Regierung das Waffenrecht in Kürze verschärfen wolle.
Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) sieht inhaltliche Schnittmengen zwischen AfD und „Reichsbürgern“. „Reichsbürger ist nicht automatisch AfD und umgekehrt. Aber es gibt große Schnittmengen – von der Ablehnung unseres Staates über die prorussische Haltung bis zur Amerikafeindlichkeit“, sagte er der „Bild am Sonntag“.