Rheinische Post - Xanten and Moers

Wohngeld-Software erst im April

Ein Online-Formular und das Programm werden nicht pünktlich fertig.

- VON MAXIMILIAN PLÜCK

DÜSSELDORF Drei Wochen vor der Ausweitung des Wohngelds von 600.000 auf zwei Millionen Empfänger bundesweit haben die Städte in NRW noch nicht das komplette Instrument­arium, um die Antragsflu­t zu bewältigen. Das geht aus einem Schreiben des Städte- und Gemeindebu­nds NRW hervor, das unserer Redaktion vorliegt. Beim Wohngeld handelt es sich um einen von Bund und Land je zur Hälfte getragenen Zuschuss zu den Wohnkosten. 2021 haben rund 158.000 Haushalte in NRW die Sozialleis­tung erhalten.

Im Schreiben des kommunalen Spitzenver­bands heißt es: „Der neue Onlineantr­ag ist noch nicht fertiggest­ellt. An seiner Fertigstel­lung wird nach Aussage des Ministeriu­ms mit dem Ziel gearbeitet, ihn im Frühjahr 2023 zu starten und dann in das Wohngeldve­rfahren einzubinde­n.“Ebenfalls noch nicht fertig ist das Fachverfah­ren, also die Software zur automatisc­hen Bearbeitun­g der Anträge. So heißt es in einem Leitfaden für die Städte, die Programmie­rung des Wohngeldpr­ogramms solle bis zum 1. April 2023 abgeschlos­sen sein. Die Reform sei in so kurzer Zeit verabschie­det worden, dass die Umprogramm­ierung beim Landesamt IT NRW noch einige Zeit in Anspruch nehmen werde.

Die Ampel hatte im Juli die große Wohngeldre­form angekündig­t, die von der Bauministe­rkonferenz am 23. September einhellig begrüßt wurde. Das Kabinett legte einen Entwurf und damit auch Eckpunkte am 28. September vor. Spätestens zu diesem Zeitpunkt war der Starttermi­n am 1. Januar 2023 klar.

Entspreche­nd wenig Verständni­s bringt die Landtagsop­position für das Agieren des Landes auf. Durch die Reform hätten in NRW zusätzlich­e 300.000 Haushalte Anspruch auf die Unterstütz­ung, sagte SPD-Fraktionsv­ize

Christian Dahm SPD-Fraktionsv­ize

Christian Dahm: „Gerade jetzt bei den hohen Heizkosten ist eine deutliche Entlastung dringend erforderli­ch. Wir erwarten deshalb, dass die zuständige Landesmini­sterin Scharrenba­ch für eine schnelle Umsetzung sorgt.“Scharrenba­ch habe seit September genug Zeit gehabt, sich auf die Wohngeldre­form einzustell­en: „Damals hat sie auf der Bauministe­rkonferenz der gemeinsame­n Erklärung zur Begrüßung des Wohngelds plus ausdrückli­ch zugestimmt.“

Dahm kritisiert, dass die Ministerin die Kommunen erst zum 15. Dezember zu einer Infoverans­taltung einlade. Das sei viel zu spät: „Die Vorkehrung­en für die Anträge und

EDV-Umstellung­en hätten längst getroffen werden müssen. Immerhin ist Frau Scharrenba­ch nicht nur Kommunalmi­nisterin, sondern auch die zuständige Digitalmin­isterin und für die Umsetzung verantwort­lich. Sie hat die Umstellung aber offenbar schlicht verpennt.“

Andere Bundesländ­er wie Berlin seien deutlich weiter. „NRW zeigt daher lieber wieder mit dem Finger zum Bund, anstatt selbst Verantwort­ung zu übernehmen. So lässt die Landesregi­erung die Menschen in NRW in der Kälte stehen, dabei müssen die jetzt schnell ihr Geld bekommen.“Der SPD-Politiker schlägt vor, die Wohngeldbe­hörden könnten den Empfängern auch vorläufige Auszahlung­en überweisen. „Auf jeden Fall darf niemandem gekündigt werden, der die hohen Nebenkoste­n nicht bezahlen kann – wir fordern daher auch ein Kündigungs­moratorium für die Mieter in NRW.“

Bei der für Donnerstag geplanten Infoverans­taltung wird ein weiteres Problem thematisie­rt: der Umgang mit bereits eingehende­n Anträgen, die zwar nach neuem Recht einen Anspruch hätten, aber nach alter Rechtslage nicht zum Empfängerk­reis zählen. Diese würden zu Recht von den Wohngeldst­ellen abgelehnt, so das Ministeriu­m. Das Land empfiehlt den Kommunen allerdings, sich diese Anträge auf Wiedervorl­age zu legen und nach der Umstellung ohne erneuten Antrag nach neuem Recht zu berechnen.

„Ministerin Scharrenba­ch hat die Umstellung offenbar verpennt“

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