Rheinische Post - Xanten and Moers
„Die Surfpark-Planung ist rechtswidrig“
Die juristische Einschätzung der bekannten Klima-Anwältin Roda Verheyen ist eindeutig. Sie stellt den Planern der Stadt ein schlechtes Zeugnis aus und verweist in den Unterlagen auf zahlreiche Verstöße gegen geltendes Recht.
NIEDERRHEIN Die Mängelliste der Anwälte Roda Verheyen und John Peters von der Hamburger Kanzlei Günther ist lang und ihr Urteil zum Surfpark am Elfrather See klar: „Das ist eine Weiter-so-Planung, die angesichts des Klimawandels und des neuen Klimaschutzgesetzes nicht mehr zeitgemäß und so auch nicht mehr rechtlich zulässig ist.“
Am Freitag stellte die bekannte Juristin Verheyen, die im Auftrag vom Bund für Naturschutz (Bund) Nordrhein-Westfalen handelt, per Video das Ergebnis ihrer Untersuchungen des Bebauungsplans „Östlich Elfrather See“vor, für den im Februar im Rat der finale Satzungsbeschluss gefasst werden soll. Die Expertin kommt zum Ergebnis: „Die Planung leidet an einer Reihe von formellen und materiellen Rechtsfehlern. Die Anstoßwirkung der Offenlage wurde verfehlt. Das Bauleitplanverfahren ist daher angesichts des schon jetzt zwingend als rechtswidrig vorhersehbaren Ergebnisses unverzüglich einzustellen.“
Neben formalen Fehlern wie die fehlende Namensnennung des Vorhabenträgers oder die fehlende Darstellung der Finanzierung des Projektes kritisiert die Star-Anwältin auch die schädlichen Lichtemissionen, verursacht durch Flutlicht, das den Surfpark bis 22 Uhr beleuchten soll. Auf Tiere und Pflanzen habe die „Lichtglocke“negativen Einfluss, so Verheyen, und ergänzt, dass die Untere Naturschutzbehörde bereits „erhebliche Bedenken gegen die Realisierung des Plans“erhoben habe.
Das ehrgeizige Projekt sei zudem nicht im Sinne der „Satzung der Stadt Krefeld über die Benutzung des Erholungsparks Elfrather See Krefeld vom 12.11.2001“, da die Nutzung eines Surfparks mit Preisen von um die 60 Euro pro Stunde ein teures Vergnügen sei, das sich nur wenige leisten könnten. Aktuell gebe es dort kostenlose Erholungsund Freizeitmöglichkeiten.
Hauptkritikpunkt der Juristin an den Planungen ist die mangelhafte Beachtung des Klimaschutzes, der in der heutigen Zeit einen „überaus hohen Stellenwert“habe. Dieser hohe Stellenwert werde bei der Planung des Projekts jedoch nicht angemessen berücksichtigt. So habe die Stadt Ermittlungspflichten im Hinblick auf die Klimaauswirkungen des Vorhabens, dessen Zulässigkeit der Bebauungsplan beschreibt. Diese habe die Stadt nicht erfüllt, sondern nur angemerkt, dass das Projekt zur globalen Klimabelastung relativ betrachtet nur wenig beitrage. Diese Aussage sei jedoch juristisch unzulässig wie ein aktuelles Bundesverfassungsgericht-Urteil zum so genannten Fundamentaleinwand feststelle.
Das Projekt sei darüber hinaus auch nicht mit dem Krefelder Klimaschutzkonzept vereinbar, das
nicht als Interessenbekundung verstanden werden dürfe, sondern eine spezielle Relevanz habe. Verstößen gegen die dort formulierten Ziele müssten detaillierte Rechtfertigungen zugrunde liegen, die im vorliegenden B-Plan fehlten. „Es ist rechtlich gesehen ein Unterschied, ob man einen deutlich steigenden Energieverbrauch in Kauf nimmt, weil ein Krankenhaus gebaut wird, das allen Bürgern zugute kommt, oder einen Surfpark, den nur eine relativ kleine Gruppe nutzt“, erklärte Verheyen.
Dabei rechtfertige der Verweis auf die Nutzung so genannter grüner Energien nicht die klimatische Belastung und die Auswirkungen auf Natur- und Artenschutz. „Schon jetzt sind die meisten Ziele dieses Klimaschutzkonzeptes nicht umgesetzt, da es in der Stadt wie in vielen Kommunen wenig finanzielle Mittel und Personal dafür gibt. Umso kritischer müssen aber neue Vorhaben betrachtet werden, die zu einem Mehr an Energieverbrauch führen“, betonte die Juristin und verwies auf die Vorbildfunktion, die Kommunen in Sachen Klimaschutz zukomme.
Das Rechtsgutachten der Kanzlei Günther bestätigt die Annahmen der drei Krefelder Organisationen, die gegen das Surfpark-Projekt vorgehen, neben dem Bund sind das Fridays for Future (FFF) und die Bürgerinitiative Erhaltung Naherholungsgebiet Elfrather See (Biene). „Bei dieser Entscheidung geht es nicht darum, Spaß für Bürgerinnen und Bürger einzudämmen. Es geht vielmehr um die Frage, ob wir uns solch einen intensiven Ressourcenverbraucher zusätzlich zum heute schon hohen Ressourcenverbrauch leisten können“, sagt Björna Althoff, parteilose Ratsfrau und Sprecherin von Fridays for Future Krefeld. Angelika Horster von der Bund Kreisgruppe Krefeld ergänzt: „Das Rechtsgutachten hat diese eigentlich sehr moralische, ethische Frage juristisch, unter anderem mit den Abwägungsfragestellungen, geklärt und zeigt nun eindeutig, dass ein solch rücksichtsloser Ressourcenverbrauch heute schon nicht mehr mit geltendem Recht vereinbar ist.“