Rheinische Post - Xanten and Moers
Das Verbrechen von Odessa
Wo auch immer die russischen Truppen ukrainisches Terrain besetzt hatten, fanden sich nach jeder Rückeroberung zahlreiche Hinweise auf Kriegsverbrechen grausamster Art, begangen an der Zivilbevölkerung. Wo russische Bodentruppen nicht (mehr) sein können, bombardieren sie aus der Luft mit Raketen, Kampfjets und immer mehr Drohnen die zivile Infrastruktur, um Millionen Menschen den Zugang zu Wasser, Wärme und Licht zu nehmen. Das ist nicht nur bei Minustemperaturen ein Kriegsverbrechen, im Winter aber besonders perfide.
Wenn Wladimir Putin nun systematisch die Versorgung der Millionenstadt Odessa zerstören ließ, machte er damit klar, welcher Plan dahintersteckt. Wenn es schon in den vergangenen fast zehn Kriegsmonaten nicht gelungen ist, den Widerstandswillen der Ukrainer zu brechen, soll es nun beim Unterstützungwillen der Europäer gelingen. Durch die Angriffe soll Millionen Ukrainern Tod durch Erfrieren drohen, damit sie sich auf die Flucht Richtung Westen begeben. Die Aufnahmekapazitäten der Europäer sind bereits am Anschlag. Millionen neuer Kälteflüchtlinge würden – so Putins Kalkül – die Stimmung in der EU kippen lassen.
Welche Antworten hat der Westen darauf? Es ist eine noch entschlossenerer Unterstützung. Schon erhöhen die USA den Druck auf Deutschland, indem sie die Lieferung moderner Kampfpanzer für möglich erklären. Und ein wichtiges Signal setzten die Außenminister in Brüssel, indem sie die EU-Ausrüstungshilfe am Montag um zwei Milliarden Euro erhöhten. Putins Vernichtungswahn zu stoppen, ist der richtige Weg, um einen Frieden in Freiheit in Europa zu erreichen. Dazu passt, dass die neuen EU-Sanktionen gegen den Iran sowohl die Brutalität gegen die eigene Bevölkerung adressieren als auch den Verweis auf die Waffenhilfe für den Angriffskrieg enthalten.