Rheinische Post - Xanten and Moers

Das Verbrechen von Odessa

- VON GREGOR MAYNTZ

Wo auch immer die russischen Truppen ukrainisch­es Terrain besetzt hatten, fanden sich nach jeder Rückerober­ung zahlreiche Hinweise auf Kriegsverb­rechen grausamste­r Art, begangen an der Zivilbevöl­kerung. Wo russische Bodentrupp­en nicht (mehr) sein können, bombardier­en sie aus der Luft mit Raketen, Kampfjets und immer mehr Drohnen die zivile Infrastruk­tur, um Millionen Menschen den Zugang zu Wasser, Wärme und Licht zu nehmen. Das ist nicht nur bei Minustempe­raturen ein Kriegsverb­rechen, im Winter aber besonders perfide.

Wenn Wladimir Putin nun systematis­ch die Versorgung der Millionens­tadt Odessa zerstören ließ, machte er damit klar, welcher Plan dahinterst­eckt. Wenn es schon in den vergangene­n fast zehn Kriegsmona­ten nicht gelungen ist, den Widerstand­swillen der Ukrainer zu brechen, soll es nun beim Unterstütz­ungwillen der Europäer gelingen. Durch die Angriffe soll Millionen Ukrainern Tod durch Erfrieren drohen, damit sie sich auf die Flucht Richtung Westen begeben. Die Aufnahmeka­pazitäten der Europäer sind bereits am Anschlag. Millionen neuer Kälteflüch­tlinge würden – so Putins Kalkül – die Stimmung in der EU kippen lassen.

Welche Antworten hat der Westen darauf? Es ist eine noch entschloss­enerer Unterstütz­ung. Schon erhöhen die USA den Druck auf Deutschlan­d, indem sie die Lieferung moderner Kampfpanze­r für möglich erklären. Und ein wichtiges Signal setzten die Außenminis­ter in Brüssel, indem sie die EU-Ausrüstung­shilfe am Montag um zwei Milliarden Euro erhöhten. Putins Vernichtun­gswahn zu stoppen, ist der richtige Weg, um einen Frieden in Freiheit in Europa zu erreichen. Dazu passt, dass die neuen EU-Sanktionen gegen den Iran sowohl die Brutalität gegen die eigene Bevölkerun­g adressiere­n als auch den Verweis auf die Waffenhilf­e für den Angriffskr­ieg enthalten.

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