Rheinische Post - Xanten and Moers
„Ich bin vom Lebensglück geknutscht“
Gleich drei ZDF-Shows moderiert der 58-Jährige im Dezember – eine davon ist der Klassiker „Dalli Dalli“.
Im Dezember ist Johannes B. Kerner gleich mit drei großen Shows im ZDF vertreten und damit eines der Aushängeschilder des Senders. Obwohl Routinier, geht der 58-Jährige immer noch mit Lampenfieber auf die Bühne, wie er offen erzählt. In fast druckreifen Sätzen plaudert Kerner über sein Faible für Live-Berichterstattung, seine Weihnachtspläne und seine Vorhaben fürs nächste Jahr.
Sie haben mal gesagt, „Ein Herz für Kinder“sei Ihre wichtigste LiveSendung. Wieso?
KERNER Das mit der wichtigen Sendung, das stimmt wirklich. Gar nicht so sehr für mich, das ist einfach eine wichtige Sendung. Weil sie mithilft, die schwierigen Lebensbedingungen von Kindern in aller Welt, in Europa, aber teilweise auch in Deutschland nicht in Vergessenheit geraten zu lassen ob der vielfältigen Probleme, die wir haben. Deshalb halte ich das für eine wichtige Sendung.
Sie sind zwar ein Routinier, was Live-Sendungen angeht, aber haben Sie trotzdem Lampenfieber? KERNER Ja, ich bin routiniert, trotzdem gibt es Lampenfieber. Routine ist aber etwas, was den zurückliegenden Zeitraum beschreibt und nicht das, was kommt. Für mich ist das immer wieder eine neue Sendung. Dazu ist „Ein Herz für Kinder“auch von der Länge her ein Brett, es gibt keine Werbeinsel, die es einem erlaubt, mal kurz durchzuatmen, und es ist dazu eine emotionale Achterbahnfahrt. Das Gefühl danach, wenn man es geschafft hat, ist dafür aber auch besonders schön.
Fühlen Sie sich wohler auf der großen Bühne oder beim kleinen Talkformat wie bei „Bestbesetzung“? KERNER Ich mache eine andere Unterscheidung: Ich finde live schon ziemlich gut. Das mag ich sehr. Von Haus aus bin ich Sportreporter, da ist natürlich alles live. Man kann sich gut vorbereiten, aber man kann nie auf alles vorbereitet sein. Man muss agieren und reagieren können. Das ist das Schönste. Deshalb liebe ich „Ein Herz für Kinder“. Im Grunde genommen ist es aber vielleicht die Vielfalt, die es ausmacht: Sowohl Sport als auch Show als auch mal ein politisches Gespräch. Ich habe Menschen einfach total gerne um mich herum und biete denen eine Bühne. Insofern bin ich eigentlich vom beruflichen Lebensglück geknutscht.
„Dalli Dalli“haben Sie schon mehrfach moderiert. Funktioniert die Show noch, weil sie wie „Wetten, dass..?“Nostalgie auslöst, oder liegt es einfach an der guten Idee? KERNER Ich glaube, Sie liegen mit Letzterem richtig. Es hat ja eine Welle gegeben von früher abgesetzten Fernsehshows, die mal wieder probiert wurden. Die meisten, wenn wir ehrlich sind, haben nicht funktioniert. Höchstens einmal, weil man wissen wollte, wie das denn war damals. Dann hat man aber auch schnell gewusst, dass es gute Gründe gab, warum die Sendung nicht mehr existiert. Es gibt Ausnahmen, das sind im großen Umfang „Wetten, dass..?“und, etwas kleiner, aber durchaus relevant, „Dalli Dalli“. Das kann nur daran liegen, dass die Spielideen so herausragend und außergewöhnlich sind. Außerdem strahlt bei „Dalli Dalli“für mich über allem der Geist der fantastischen Lebensgeschichte von Hans Rosenthal, der sich vor den Nazis verstecken musste und dann Generationen von Deutschen zum Lachen gebracht hat. Da bekomme ich jetzt noch Gänsehaut, wenn ich darüber nachdenke.
Es ist aber auch eine Hypothek. Wie schwer ist es, sich davon zu lösen? KERNER Ich versuche ja nicht, Hans Rosenthal zu imitieren, das wäre ja auch wirklich vermessen.
Sie kopieren seinen Sprung.
KERNER Ja, ich springe auch. In der ersten Sendung hatte ich Leichtathletin Malaika Mihambo da und habe sie gebeten, auch mal zu springen, was sie getan hat. Da habe ich gesehen, wie ärmlich mein Hüpfen aussieht. Mir sind zudem von Christian Neureuther, der früher auch schon Mitglied der Jury war, alle Tipps, Tricks und Kniffe verraten worden, damit der Sprung höher aussieht, als er eigentlich ist. Hans Rosenthal war nicht uneitel, er hat schon darauf geachtet, dass das ordentlich aussieht. Von den Tricks profitiere ich heute noch. Neben der Spielidee lebt die Show aber von der großen Lust der Stars, sich ein wenig zum Affen zu machen.
„Dalli Dalli“läuft am ersten Weihnachtstag, die Sendung wird aufgezeichnet. Wie feiern Sie? Sitzen
Sie mit ihren vier Kindern auf dem Sofa und schauen Sie „Dalli Dalli“? KERNER Ich sage Ihnen die bedenkliche Wahrheit: Es ist nicht ganz auszuschließen. Es ist nicht so, dass meine Kinder alles verfolgen, was ich beruflich so treibe, aber „Dalli Dalli“am ersten Weihnachtstag könnte schon drin sein. Den Anfang werden wir uns angucken. Ich könnte mir vorstellen, dass einige dann Lust haben dabeizubleiben. Es wird mit Sicherheit bunt und turbulent.
Sie sind geschieden. Teilen Sie sich mit Ihrer Ex-Frau die Kinder über die Feiertage, wechseln Sie sich ab? KERNER Nichts wird aufgeteilt, wir sind eine Familie. Wir feiern Weihnachten zusammen. Mit meiner ExFrau Britta habe ich den schönsten Kontakt und das beste Verhältnis. Wir sind eine Familie, und das wird auch so bleiben. Und Weihnachten ist das Fest, das ich mit meinen liebsten Menschen verbringe.
Sie beschließen das Jahr mit der Live-Show „Willkommen 2023“. So richtig ausgelassen kann man eine solche Feier diesmal aber nicht angehen, oder?
KERNER Sie haben recht, aber wir können doch in einer Unterhaltungssendung nicht pausenlos mit angezogener Handbremse herumlaufen. Wir können den Menschen, die sowieso schon ein schlechtes Jahr hatten, am Silvesterabend nicht die ganze Bürde von 2022 auf die Schultern packen. Wir versuchen auch da, den Ton zu treffen, angemessen das alte Jahr zu verabschieden und das neue gebührend zu begrüßen. Sagen wir es mal so: Wir geben 2023 alle Chancen.
Haben Sie ein persönliches Highlight für 2023?
KERNER Es gibt beruflich Dinge, die mich neben den Shows sehr interessieren. Zum Beispiel finden die Special Olympics in Deutschland statt, die Weltsportspiele von geistig behinderten Menschen, das ist ein spannendes Thema. Ich persönlich würde wahnsinnig gerne das machen, was ich als 13-jähriger Schüler schon einmal umsetzen wollte, nämlich mit dem Fahrrad die Mosel entlangfahren. Das will ich alles noch unternehmen, bevor ich ins EBike-fähige Alter komme. Ich möchte das mit dem Bio-Bike, wie man neudeutsch sagt, bewerkstelligen, also selber treten. Oder mich mal im bayerischen Voralpenland an der Schönheit der Landschaften in Deutschland erfreuen. Das sind so Kleinigkeiten, die ich vorhabe. Und wenn mich das eine oder andere meiner Kinder dabei begleitet, würde ich nicht Nein sagen. Sie müssen mich aber Ende nächsten Jahres danach fragen, was geklappt hat.