Rheinische Post - Xanten and Moers
Netzbetreiber müssen öfter eingreifen
Im Süden wurden Bürger bereits vorsorglich aufgefordert, Strom zu sparen. Für NRW gibt sich Netzbetreiber Amprion gelassen. Doch kontrollierte Abschaltungen kann er nicht ausschließen.
(meist Gas- oder Kohle-)Kraftwerke zuzuschalten. „Damit sollte eine für Mittwoch zwischen 14 und 15 Uhr prognostizierte angespannte Netzsituation abgemildert werden“, so das Unternehmen: „Sinnvoll war in dieser Situation, den Strombedarf in den Vormittag vorzuziehen oder hinauszuzögern.“Wegen der Aufregung kündigte Transnet BW Änderungen an: „Damit unmissverständlich ist, dass unsere App nicht der Warnung dient – das tun offizielle behördliche Anwendungen –, werden wir voraussichtlich noch einmal unsere Signalfarben überarbeiten“, so die Sprecherin.
Gibt es eine solche App auch in NRW? Nein. Hier ist Amprion der Übertragungsnetzbetreiber und erklärt, man sei im Austausch mit Transnet BW. „Die App von Transnet BW ist ein Projekt, um die Netzführung in Baden-Württemberg transparent zu machen. Derzeit ist keine App in der Art geplant“, so die AmprionSprecherin. Bürger könnten sich online (www.amprion.net/netzjournal/winter-2022-2023) informieren. In Deutschland gibt es vier Übertragungsnetzbetreiber, neben Amprion und Transnet BW sind dies Tennet und 50 Hertz.
Wie ist die Lage in NRW? Amprion beruhigt: „Am vergangenen Mittwoch war zu keiner Zeit die Netzstabilität in Gefahr“, so die Sprecherin. Redispatch gehört zum Tagesgeschäft für Netzbetreiber. Wenn die Lage kritisch wird, werden Verbraucher kontrolliert vom Netz genommen (sogenannter Brownout). Dann aber warnen die Behörden: „Wenn die Netzsicherheit erfordert, dass es zu kontrollierten Lastabschaltungen kommt, warnen die Behörden die Bevölkerung“, so die AmprionSprecherin. Grundsätzlich könnten Privathaushalte dazu beitragen, den Stromverbrauch gleichmäßiger über den Tag zu verteilen, wenn sie zum Beispiel große Apparate wie Waschmaschinen eher nachts anstellen würden.
Steigt angesichts von Dunkelflauten die Gefahr eines Blackouts? Wenn die Sonne nicht scheint und der Wind nicht weht, wie es am Wochenende in NRW der Fall war, wird weniger Strom eingespeist. Dennoch sieht man hierzulande keine Gefahr: „Amprion rechnet nicht mit einem Blackout, das heißt einem unkontrollierten großflächigen Zusammenbruch des Stromnetzes“, so die Sprecherin. Ein Brownout ist nach einer Analyse der vier Netzbetreiber aber vor allem in Süddeutschland nicht ausgeschlossen, weil es dort viel Industrie und wenig Stromangebot gibt: „Die vier Übertragungsnetzbetreiber können nicht ausschließen, dass es in einzelnen Stunden als Ultima Ratio notwendig werden kann, kontrollierte Lastabschaltungen vorzunehmen, um die Netzstabilität zu erhalten“, so die Amprion-Sprecherin weiter. Ob eine kontrollierte Lastabschaltung im Winter notwendig werde, hänge nicht zuletzt vom Wetter ab. Sie betonte aber auch: „Kontrollierte Lastabschaltungen sind seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr eingesetzt worden.“
Wie sieht es beim Gas aus? Wegen der Kälte speichert Deutschland nun aus – die Speicher sind nur noch zu 94 Prozent gefüllt, wie die Bundesnetzagentur am Montag mitteilte. Der Gasverbrauch lag in der 48. Kalenderwoche nur um 13 Prozent unter dem durchschnittlichen Verbrauch der vergangenen vier Jahre, mahnte die Behörde. Ziel ist eigentlich eine Einsparung um 20 Prozent. Mehr noch: Der Verbrauch ist gegenüber der Vorwoche um 14 Prozent gestiegen.
Die Behörde rief zum Sparen auf: „Das Sparziel wurde damit deutlich verfehlt.“Experten schauen mehr noch auf den Winter 2023/204 mit Sorge: „Das nächste Jahr könnte sehr viel schwieriger werden als dieses Jahr“, sagte Fatih Birol, Chef der Internationalen Energieagentur (IEA), am Montag. Russland könnte etwa seine restlichen Lieferungen einstellen, und das globale Angebot an Flüssiggas könnte wegen der anziehende Nachfrage aus China knapp werden, wie es in einem Bericht der IEA heißt.