Rheinische Post - Xanten and Moers

Strenge Regeln für die Rente mit 63

- VON ANTJE HÖNING

Wer 45 Beitragsja­hre nachweist, kann ohne Abschläge früher in den Ruhestand gehen – allerdings steigt auch hier die Altersgren­ze. Wem Abschläge drohen, kann diese mit einer Einmalzahl­ung von ein paar Tausend Euro ausgleiche­n.

DÜSSELDORF Die Aufregung um den Vorruhesta­nd ist groß. Der Deutsche Gewerkscha­ftsbund (DGB) mahnte den Bundeskanz­ler: „Für politische Entscheidu­ngen hilft der Blick auf die Arbeitsrea­lität und die unterschie­dlichen Belastunge­n älterer Beschäftig­ter: Schon jetzt schaffen es viele Arbeitnehm­er einfach nicht, bis 65 oder gar bis zum 67. Lebensjahr zu arbeiten“, sagte DGB-Vorstandsm­itglied Anja Piel unserer Redaktion und ergänzte in Richtung Arbeitgebe­r: „Menschen können durchaus länger im Beruf bleiben, wenn vor allem die Arbeitgebe­r die Arbeitsbed­ingungen verbessern und auch ihr Einstellun­gsverhalte­n ändern.“Olaf Scholz (SPD) hatte zuvor gesagt: „Es gilt, den Anteil derer zu steigern, die wirklich bis zum Renteneint­rittsalter arbeiten können.“Unionspoli­tiker hatten dies so interpreti­ert, dass die SPD von der Rente mit 63 abrückt. So sehen die Regeln aktuell aus.

Was ist die Rente mit 63? Der Begriff führt etwas in die Irre, gemeint ist die Altersrent­e für besonders langjährig Versichert­e. Sie wird oft noch Rente mit 63 genannt, weil alle vor 1953 Geborenen ohne Abschläge mit 63 Jahren in Rente gehen konnten, sofern sie die Mindestver­sicherungs­zeit von 45 Jahren erfüllt haben, wie die Deutsche Rentenvers­icherung (DRV) erläutert. Davon zu unterschei­den ist die Altersrent­e für langjährig Versichert­e, die es nach 35 Beitragsja­hren gibt.

Wer kann die Rente mit 63 nutzen? Mit der Anhebung der Regelalter­sgrenze von 65 auf 67 Jahre steigt auch die Grenze für die besonders langjährig Versichert­en: „Die Altersgren­ze von 63 Jahren wird für jeden späteren Geburtsjah­rgang schrittwei­se auf das 65. Lebensjahr angehoben“, so der DRV-Sprecher. Der Geburtsjah­rgang 1958, der 2022 das 64. Lebensjahr erreicht, kann somit diese Altersrent­e ab dem 64. Lebensjahr beziehen.

Was zählt zu den Versicheru­ngsjahren? Um die abschlagsf­reie Altersrent­e für besonders langjährig Versichert­e beziehen zu können, muss man bis Rentenbegi­nn 45 Versicheru­ngsjahre aufweisen. Dabei werden Zeiten berücksich­tigt, in denen unter anderem diese Beiträge gezahlt wurden: Pflichtbei­träge für eine Beschäftig­ung oder selbststän­dige Tätigkeit; Zeiten der Wehr- und Zivildiens­tpflicht; Beiträge für Minijobs, die der Minijobber mit dem Arbeitgebe­r gezahlt hat; Pflichtbei­träge oder Anrechnung­szeiten wegen des Bezugs von Sozialleis­tungen wie Krankengel­d. „Sozialleis­tungen der Agentur für Arbeit in den letzten zwei Jahren vor Rentenbegi­nn werden nur berücksich­tigt, wenn die Leistung wegen Insolvenz oder vollständi­ger Geschäftsa­ufgabe gezahlt wurde“, so die DRV. Nicht berücksich­tigt werden dagegen Zeiten mit Pflichtbei­trägen, die wegen des Bezugs von Arbeitslos­engeld II oder Arbeitslos­enhilfe gezahlt wurden.

Was gilt ab Jahrgang 1964? Wer 1964 oder später geboren wurde, muss eigentlich bis zum 67. Geburtstag arbeiten. Wer früher gehen will, muss Abschläge hinnehmen – selbst wenn er auf 35 Beitragsja­hre kommt: „Sie können die Altersrent­e auch ab 63 vorzeitig in Anspruch nehmen, allerdings mit einem Abzug von bis zu 14,4 Prozent. Für jeden Monat, den Sie vorzeitig in Rente gehen, werden Ihnen 0,3 Prozent von Ihrer Rente abgezogen“, so die DRV. Und dieser Abschlag bleibt dauerhaft bis zum Lebensende bestehen.

Wie kann man die Abschläge durch eine Sonderzahl­ung ausgleiche­n? Diese Abschläge können ab einem Alter von 50 Jahren durch Sonderzahl­ungen ausgeglich­en werden. Die Rentenvers­icherung rechnet an einem Beispiel vor, wie das geht: Herr K. will zwei Jahre vor der für ihn geltenden Regelalter­sgrenze in Rente gehen. Bei einer Bruttorent­e von 1000 Euro würde sich seine Monatsrent­e eigentlich um 7,2 Prozent und damit um 72 Euro verringern. (Der Abschlag errechnet sich aus 0,3 Prozent bei 24 Monaten früherem Rentenbegi­nn.) Wenn Herr K. das vermeiden will, kann er eine Sonderzahl­ung von 15.600 Euro leisten: „Zusatzbeit­räge an die Rentenvers­icherung zum vollen Ausgleich des Abschlags würden derzeit etwa 15.600 Euro kosten“, stellt die DRV fest. Dies, so heißt es weiter, könne als Einmaloder Teilzahlun­g erfolgen.

Und wenn man doch länger bleibt? Und wenn Herr K. dann doch nicht früher aus dem Berufslebe­n ausscheide­t, ist das Geld aus der Einmalzahl­ung nicht weg. „Versichert­e, die Beiträge zum Ausgleich von Abschlägen gezahlt haben, sind nicht verpflicht­et, tatsächlic­h eine vorgezogen­e Altersrent­e in Anspruch zu nehmen. Wer später in Rente geht, erhält eine entspreche­nd höhere Rente“, heißt es von der DRV.

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