Rheinische Post - Xanten and Moers
Revue zeigt Augenblicke des Glücks auf
Emily Klinge und Bernd Thiele gestalten gemeinsam einen Liederabend.
MOERS In der kleinen Kapelle an der Rheinberger Straße waren die Besucher am Samstagabend dazu eingeladen, sich spielerisch mit den ganz großen Themen der Menschheit auseinanderzusetzen. Der Titel der abwechslungsreichen Revue, in der die existenziellen Fragen der Philosophie pointiert und humorvoll angerissen wurden, war dabei Shakespeares Hamlet entliehen. Unter dem Motto „Sein oder gut sein“warfen die Schauspielerin Emily Klinge, Ensemblemitglied am Moerser Schlosstheater, und ihr Vater, der Musiker Bernd Thiele, einen Blick auf die Natur des Menschen.
Angesichts des menschenverachtenden Krieges in der Ukraine, des gewaltsamen Vorgehens der politischen Machthaber im Iran oder der weiterhin bedrückenden Situation in Afghanistan, Syrien oder Libyen fällt der positive Blick auf die menschliche Natur zunächst überaus schwer. Insofern verwunderte es nicht, dass der berühmte Ausspruch „Der Mensch ist ein Wolf für den Menschen“, den der englische Philosoph und Staatstheoretiker Thomas Hobbes im Rückgriff auf den römischen Dichter Plautus seiner Schrift „Über den Bürger“voranstellte, bereits zu Beginn der Veranstaltung genannt wurde.
Dieses Bild vom „homo homini lupus“versuchten Emily Klinge und Bernd Thiele, im Laufe der anschließenden Revue zu relativieren und zu brechen. Abseits der Medien, in denen tagtäglich die schrecklichsten Meldungen über Hass, Zerstörung und Krieg vorherrschen, ließen sich eben doch zahlreiche Augenblicke des Glücks finden, in denen sich das Positive des Menschen zeigte. Mit Liedbearbeitungen einiger Songs von Louis Armstrong, Jack Johnson, Brian Eno, Florence and the Machine oder Herbert Grönemeyer sowie eigenen Kompositionen sang Emily Klinge gegen Konflikte, Klimawandel, Umweltzerstörung und Pandemie an und bot dem Publikum zudem die Möglichkeit, durch gemeinsames Tanzen, Phasen der Meditation und das Abspielen von Videosequenzen von barfüßigen Spaziergängen am einsamen Sandstrand, die mediale Bilderflut von Leid und Elend für einen Moment zu vergessen, bewusst zu entschleunigen und sich an die positiven Dinge zu erinnern, zu denen der Mensch ebenfalls fähig ist.
Musikalisch untermalt wurden diese Ruhephasen von den wunderbaren Klängen des Multinistrumentalisten Bernd Thiele am Keyboard, der Gitarre oder der Bassklarinette, dessen Zusammenspiel mit seiner Tochter Emily von einem geradezu blinden Verständnis geprägt war. So hatten die einzelnen Besucher es am Ende der Veranstaltung vielleicht geschafft, ihre Wölfe, die Thomas Hobbes jedem Menschen „im Krieg aller gegen alle“zuschreibt, an die Kette zu legen und erinnerten somit eher an das Menschenbild eines JeanJacques Rousseau, der glaubte bewiesen zu haben, dass der sanfte und edle Mensch von Natur aus gut sei und in Frieden leben wolle.