Rheinische Post - Xanten and Moers
Morgens oder abends?
Wer mit hohem Blutdruck zu tun und dagegen Medikamente verschrieben bekommen hat, stellt sich die Frage: Wann nehme ich sie am besten?
Jürgen A. aus Borken fragt: „Bei mir wurde ein hoher Blutdruck festgestellt; deshalb hat mein Hausarzt mir ein Medikament verordnet, das ich morgens einnehmen soll. Jetzt habe ich aber im Internet gelesen, dass es besser sei, Blutdruckmedikamente abends einzunehmen. Was soll ich machen?“
Heribert Brück Die Frage, ob man die Blutdruckmedikamente besser morgens oder abends einnimmt, hat die Fachwelt in den letzten Jahren tatsächlich sehr beschäftigt. Der hohe Blutdruck, den wir Ärzte arterielle Hypertonie nennen, ist nämlich sehr weit verbreitet. Viele wissen aber gar nicht, dass sie eine arterielle Hypertonie haben, da zu Beginn der Erkrankung häufig keine Beschwerden bestehen. Und deshalb wird sie oft auch gar nicht behandelt. Das ist jedoch gefährlich, da eine unbehandelte arterielle Hypertonie zu schweren Folgeschäden führen kann. Hier sind insbesondere die Herzschwäche und der Schlaganfall zu nennen. Insofern ist es bei Ihnen schon richtig gelaufen: Der hohe Blutdruck wurde entdeckt, und er wird auch behandelt.
Die Basis der Hypertonie-Behandlung sollte immer die Lebensstiländerung sein: mehr Bewegung, eventuell Gewichtsreduktion, Reduktion von Stress und Beschränkung der Kochsalzzufuhr. Wenn das nicht ausreicht, manchmal jedoch auch schon von Beginn an, wenn nämlich der Blutdruck sehr hoch ist und noch andere Risikofaktoren bestehen, wird auch eine medikamentöse Behandlung erforderlich. Lange Zeit sollten die Blutdruckmedikamente immer morgens eingenommen werden. In der Regel ist der Blutdruck nämlich nachts sowieso niedriger, wir nennen das Nachtabsenkung. In schwierigen Fällen kann es auch notwendig sein, dass man morgens und abends Medikamente einnehmen muss.
Dann gab es aber eine Untersuchung, die zeigte, dass es besser sei, die Medikamente abends einzunehmen. Davon haben Sie offensichtlich gelesen. Diese Untersuchung war jedoch nicht unumstritten, sodass sie bei den Empfehlungen der Fachgesellschaften nicht berücksichtigt wurde. Sie war aber der Anlass, noch einmal genau hinzuschauen, ob es einen Unterschied macht, wann man seine Medikamente einnimmt.
Sinnvoll kann die Langzeitmessung des Blutdrucks sein
Auf dem europäischen Kardiologenkongress wurde in diesem Jahr im August in Barcelona das Ergebnis präsentiert, das endlich Klarheit in dieser Frage bringt: Es macht offensichtlich keinen Unterschied, ob man die Medikamente morgens oder abends einnimmt. Das bedeutet jedoch nicht, dass es im Einzelfall vorteilhaft sein kann, die abendliche Einnahme zu empfehlen. Gerade bei Frauen kann das schon mal erforderlich und besser sein. Am besten kann man das mit einer LangzeitBlutdruckmessung überprüfen. Diese kann man vor der Einleitung einer Behandlung machen, um zu sehen, ob eine medikamentöse Behandlung überhaupt nötig ist. Oder man macht sie etwa vier Wochen nach Einleitung der Behandlung, um damit zu überprüfen, ob die Behandlung wirkt, ob sie ausreicht und ob man womöglich doch von der morgendlichen auf die abendliche Einnahme wechseln muss.
Wenn Sie dies mit Ihrem behandelnden Arzt besprechen, können Sie auch eine Antwort bekommen, was für Sie die beste Lösung ist.