Rheinische Post - Xanten and Moers
„Wir wollen auch Leid beenden“
Der Palliativmediziner fordert die Zulassung von Medikamenten zum ärztlich assistierten Suizid und klare Regeln dafür.
SCHÜRMANN An allererster Stelle bin ich meinen Patienten und dem Leben verpflichtet. Aber wir Ärzte sind auch dazu da, Leiden zu mindern. Viele Schwerstkranke haben Angst vor Schmerzen und davor, hilflos der Apparatemedizin ausgeliefert zu sein. Aufklärung, Gespräche führen, um Ängste zu nehmen, sind hier wichtige Mittel. Wir müssen den Patienten die Gewissheit geben: Ich bin da für dich und ich helfe dir. Und zwar auch dann, wenn deine Krankheit weiter fortschreitet und nichts mehr geht. Wir Ärzte können uns nicht einfach zurückziehen, wenn es schwierig wird. Wir können doch den Patienten nicht alleine lassen. Was ist das für eine Arzt-Patienten-Beziehung, wenn wir dies tun? Ich kann mich daher mit dem Sterbewunsch eines Patienten identifizieren, wenn ich zuvor therapeutisch alles versucht habe, was medizinisch möglich ist und trotz meiner Bemühungen der Patient aus dem Leben scheiden möchte – sei es aufgrund von Schmerzen oder anderen Ursachen. Für mich ist die ärztliche Beihilfe zum Suizid von Patienten mit fortgeschrittenen palliativmedizinischen Erkrankungen eine ärztliche Aufgabe als allerletzter Ausweg, um unerträgliches Leid zu verhindern. Wichtig ist immer der differenzierte Blick: Der akute Wunsch nach Suizid sollte zunächst grundlegend abgelehnt und alle Möglichkeiten der Therapie ausgelotet werden. Generell würde ich aber keinen chronischkranken Patienten ausschließen, sei es der chronische Schmerzpatient oder der chronisch depressive Patient. Da wir hier einen irreversiblen Vorgang vollziehen, sollte die Messlatte für psychisch kranke Patienten deutlich höher liegen als bei palliativmedizinischen Patienten. Anders sehe ich das bei gesunden Menschen mit Suizidwunsch. Diese haben vom Verfassungsgericht die gleichen Rechte wie Schwerstkranke eingeräumt bekommen. Ich denke, dass dies keine ärztliche Aufgabe ist.
Wenn nicht Ärzte den letzten Wunsch ihrer Patienten unterstützen, wer macht es dann? SCHÜRMANN Darin sehe ich eine große Gefahr. Warum sollte ein Palliativmediziner, der tagtäglich nicht
Kann es überhaupt ein einfaches Ja oder Nein zum Thema Sterbehilfe geben?
SCHÜRMANN Die Frage nach ärztlicher Unterstützung zum Suizid ist für mich keine Ja/Nein Frage. Es benötigt in jedem Fall die Differenzierung der Erkrankung und der Gegebenheiten beim Patienten. Was wir dringend brauchen, ist eine breite und kritische Diskussion. Man unterstellt uns und unseren Patienten, dass wir etwas nicht Gesetzeskonformes tun möchten. Das ist absurd.