Rheinische Post - Xanten and Moers
Pannen sind die Regel bei der Bahn
Zuletzt flatterten wieder Nachrichten über Bahnerfolge auf den Tisch. Neue Züge, mehr Platz, schnellere Verbindungen, hieß es anlässlich der Fahrplanumstellung. Oder „Tempomacher für den Bahnverkehr“durch die eine oder andere Neubaustrecke. Nicht zu vergessen: Es gibt jetzt im ICE Porzellan und Glas als Alternative zu Einwegverpackungen. Das sind Meldungen, die das Unternehmen gerne verkündet, um das Image ein wenig erfolgreich und kuschelig zu machen. Doch die Wahrheit liegt eher ganz woanders. Beschleunigung tut not.
2022 schließt der Konzern als Horrorjahr ab. Vermutlich werden sie das in der Chefetage nicht unterschreiben wollen, weil man die Defizite erkannt hat und nun mithilfe des Bundes beheben will. Die Perspektive kann aber nur die des Kunden sein und nicht die der vielen Bosse. Und wenn der Reisende freudig nach seiner Fahrt verkündet, dass diesmal aber alles glattgegangen ist, und dafür ein erstauntes „Echt?“erntet, dann ist Krise. Und zwar eine ziemlich große.
Nicht ausschließlich geht was schief, das stimmt. Aber zu oft. Pannen sind der Regelfall, nicht mehr die Ausnahme bei der Bahn. Dass sich vieles ändert, dem dient nun auch der vorgelegte Bericht der Beschleunigungskommission. Die Vorschläge sind umfassend; es ist erstaunlich, was verändert werden kann. Da stellt sich schon die Frage, warum das nicht schon viel eher geschehen ist, warum politisch Verantwortliche der Vorgängerregierungen die Bahn einfach in die Misere haben fahren lassen. Aber das ist jetzt wohl doch vergossene Milch. Es geschieht endlich was, vielmehr als bisher. Darum geht es nun. Die Umsetzung der Ideen wird freilich die nächste große Bahnaufgabe für Verkehrsminister Wissing. Wenn man bedenkt, wie die Ampelkoalition gerade um die im Koalitionsvertrag vereinbarte Planungsbeschleunigung für Infrastrukturprojekte streitet, schwant einem wenig Gutes.