Rheinische Post - Xanten and Moers

AfD nach „Reichsbürg­er“-Razzia im Fokus

Der Bundestag diskutiert über notwendige Folgen im Bereich des Waffen- und Disziplina­rrechts.

- VON KERSTIN MÜNSTERMAN­N

BERLIN Die „Reichsbürg­er“-Razzia zieht weitere Kreise: Nach Bekanntwer­den neuer Details werden nun Forderunge­n nach verschärft­en Maßnahmen laut. Nach den Sondersitz­ungen der Bundestags­ausschüsse gehe es darum, was mit Blick auf das Waffen- und Disziplina­rrecht geändert werden müsse, sagte etwa Grünen-Fraktionsc­hefin Britta Haßelmann. Die Gefahren seien seit Jahren bekannt: „Wir müssen diese Gefahren ernst nehmen.“Auch das Plenum des Parlaments werde sich diese Woche in Aktuellen Stunden mit den Umsturzplä­nen der „Reichsbürg­er“-Szene beschäftig­en.

Die Bundesanwa­ltschaft hatte in der vergangene­n Woche in einer großen Polizeiakt­ion in elf Bundesländ­ern sowie in Italien und Österreich 25 Menschen festnehmen lassen. Unter ihnen ist die Richterin und frühere AfD-Bundestags­abgeordnet­e Birgit Malsack-Winkemann. Gegen sie läuft inzwischen ein Disziplina­rverfahren. Als ehemalige Abgeordnet­e hatte sie – wie alle ausgeschie­denen Parlamenta­rier, die dies wünschen – Zugang zu den Gebäuden des Bundestage­s.

Immer stärker gerät die AfD nun ins Blickfeld: „Es ist sichtbar, dass ganz offensicht­lich die AfD ein Trojanisch­es Pferd ist, die Feinden der Demokratie einen Zugang zum Parlament verschaffe­n kann“, sagte der Parlamenta­rische Geschäftsf­ührer der FDP-Fraktion, Johannes Vogel. Die Bundestags­verwaltung solle prüfen, ob auch bei anderen früheren AfD-Abgeordnet­en mittlerwei­le neue Erkenntnis­se der Sicherheit­sbehörden vorliegen, die auf eine Gefährdung des Parlaments und seiner Liegenscha­ften schließen lassen. In diesen Fällen müsse ein Betretungs­verbot ausgesproc­hen werden, forderte Vogel.

Die AfD-Bundestags­fraktion will die Einsetzung eines Untersuchu­ngsausschu­sses fordern, sollten sich die Vorwürfe im Zusammenha­ng mit den Festnahmen nicht erhärten. „Bei diesem ganzen Aufriss, der hier veranstalt­et wurde“, sei das alles dürftig, sagte Fraktionsc­hefin Alice Weidel: „Wenn sich das in den nächsten Tagen nicht ändern sollte, werden wir einen Untersuchu­ngsausschu­ss fordern.“Weidel kritisiert­e auch Innenminis­terin Nancy Faeser (SPD). Andere Themen würden außer Acht gelassen, wie offene Grenzen und Kriminalit­ät. Die Innenminis­terin solle sich nicht mit einem „versuchten Rollator-Putsch“beschäftig­en.

Bei der CSU-Landesgrup­pe wiederum hält man genau das für die politische Masche der AfD. Wenn eine Gruppe von Personen Pläne schmiede, mit Waffengewa­lt die Macht an sich zu ziehen, habe das „die Qualität des Versuches eines Staatsstre­ichs“, sagte Landesgrup­penchef Alexander Dobrindt. Wenn in der AfD in diesem Zusammenha­ng von „Rollator-Revolution“gesprochen werde, sei dies der Versuch einer Relativier­ung. Er verlangte, die AfD auf Bundeseben­e vom Verfassung­sschutz beobachten zu lassen.

Laut einer Umfrage glaubt etwa die Hälfte der Bevölkerun­g, dass von „Reichsbürg­ern“eine ernste Gefahr für die Demokratie und ihre Repräsenta­nten ausgeht. Bei einer Yougov-Befragung vertraten 53 Prozent der Teilnehmer diese Ansicht. 31 Prozent sehen eine solche Gefahr nicht. Im Westen wird die Gefahr etwas größer eingeschät­zt als im Osten Deutschlan­ds.

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FOTO: DPA Razzien bei der „Reichsbürg­er“-Szene, hier in Baden-Württember­g.

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