Rheinische Post - Xanten and Moers
AfD nach „Reichsbürger“-Razzia im Fokus
Der Bundestag diskutiert über notwendige Folgen im Bereich des Waffen- und Disziplinarrechts.
BERLIN Die „Reichsbürger“-Razzia zieht weitere Kreise: Nach Bekanntwerden neuer Details werden nun Forderungen nach verschärften Maßnahmen laut. Nach den Sondersitzungen der Bundestagsausschüsse gehe es darum, was mit Blick auf das Waffen- und Disziplinarrecht geändert werden müsse, sagte etwa Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann. Die Gefahren seien seit Jahren bekannt: „Wir müssen diese Gefahren ernst nehmen.“Auch das Plenum des Parlaments werde sich diese Woche in Aktuellen Stunden mit den Umsturzplänen der „Reichsbürger“-Szene beschäftigen.
Die Bundesanwaltschaft hatte in der vergangenen Woche in einer großen Polizeiaktion in elf Bundesländern sowie in Italien und Österreich 25 Menschen festnehmen lassen. Unter ihnen ist die Richterin und frühere AfD-Bundestagsabgeordnete Birgit Malsack-Winkemann. Gegen sie läuft inzwischen ein Disziplinarverfahren. Als ehemalige Abgeordnete hatte sie – wie alle ausgeschiedenen Parlamentarier, die dies wünschen – Zugang zu den Gebäuden des Bundestages.
Immer stärker gerät die AfD nun ins Blickfeld: „Es ist sichtbar, dass ganz offensichtlich die AfD ein Trojanisches Pferd ist, die Feinden der Demokratie einen Zugang zum Parlament verschaffen kann“, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion, Johannes Vogel. Die Bundestagsverwaltung solle prüfen, ob auch bei anderen früheren AfD-Abgeordneten mittlerweile neue Erkenntnisse der Sicherheitsbehörden vorliegen, die auf eine Gefährdung des Parlaments und seiner Liegenschaften schließen lassen. In diesen Fällen müsse ein Betretungsverbot ausgesprochen werden, forderte Vogel.
Die AfD-Bundestagsfraktion will die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses fordern, sollten sich die Vorwürfe im Zusammenhang mit den Festnahmen nicht erhärten. „Bei diesem ganzen Aufriss, der hier veranstaltet wurde“, sei das alles dürftig, sagte Fraktionschefin Alice Weidel: „Wenn sich das in den nächsten Tagen nicht ändern sollte, werden wir einen Untersuchungsausschuss fordern.“Weidel kritisierte auch Innenministerin Nancy Faeser (SPD). Andere Themen würden außer Acht gelassen, wie offene Grenzen und Kriminalität. Die Innenministerin solle sich nicht mit einem „versuchten Rollator-Putsch“beschäftigen.
Bei der CSU-Landesgruppe wiederum hält man genau das für die politische Masche der AfD. Wenn eine Gruppe von Personen Pläne schmiede, mit Waffengewalt die Macht an sich zu ziehen, habe das „die Qualität des Versuches eines Staatsstreichs“, sagte Landesgruppenchef Alexander Dobrindt. Wenn in der AfD in diesem Zusammenhang von „Rollator-Revolution“gesprochen werde, sei dies der Versuch einer Relativierung. Er verlangte, die AfD auf Bundesebene vom Verfassungsschutz beobachten zu lassen.
Laut einer Umfrage glaubt etwa die Hälfte der Bevölkerung, dass von „Reichsbürgern“eine ernste Gefahr für die Demokratie und ihre Repräsentanten ausgeht. Bei einer Yougov-Befragung vertraten 53 Prozent der Teilnehmer diese Ansicht. 31 Prozent sehen eine solche Gefahr nicht. Im Westen wird die Gefahr etwas größer eingeschätzt als im Osten Deutschlands.