Rheinische Post - Xanten and Moers
Noch fünf Tage bis zum Staatskonzern
Am Samstag empfängt Uniper den Kanzler zur Einweihung des LNG-Terminal in Wilhelmshaven, am Montag sollen Aktionäre den Weg für den Einstieg des Bundes freimachen. Doch die EU lässt noch auf sich warten.
DÜSSELDORF Von solchen Terminen hätte Uniper gerne mehr: Am Samstag empfängt Konzern-Chef KlausDieter Maubach in Wilhelmshaven Kanzler Olaf Scholz (SPD) und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne). Gemeinsam will man das neue Flüssiggasterminal einweihen, das in Rekordzeit errichtet wurde. Noch vor Weihnachten soll das erste Gas eingespeist werden. Damit will Uniper Deutschland helfen, über den Winter zu kommen. Ab Montag aber soll der Staat Uniper helfen, über den Abgrund zu kommen. Dann lädt der Düsseldorfer Konzern zur Hauptversammlung, die über die Verstaatlichung entscheiden soll.
Wo findet die Hauptversammlung statt? Das Aktionärstreffen findet digital statt, Uniper nutzt damit die Möglichkeiten aus der CoronaZeit. Zu Vorsicht war eine Messehalle in Düsseldorf angemietet worden, hier werden aber nur Vorstand und Aufsichtsrat anwesend sein. In den nächsten Tagen wird Uniper die Rede von Maubach veröffentlichen, bis Samstag können die Aktionäre Fragen dazu einreichen, der diese dann am Montag beantwortet.
Worum geht es bei dem Treffen? Zum einen muss der Konzern am Montag die Aktionäre informieren, weil die teure Ersatzbeschaffung von Gas dazu geführt hat, dass er mehr als die Hälfte seines Grundkapitals aufgezehrt hat und nach dem Aktiengesetz (Paragraf 92) ein Treffen nötig ist. Vor allem aber müssen die Aktionäre einer gewaltigen Kapitalerhöhung zustimmen, über die der Bund bei Uniper einsteigen will. Am Ende wird der Bund 99 Prozent der Uniper-Anteile halten.
Stimmt die EU dem Deal zu? Das ist die große Frage. „Leider gibt es im Vorfeld der Hauptversammlung die große Unbekannte in Form der EUKommission, die angeblich bis zum 16. Dezember entscheiden will, ob und wie die Rettung von Uniper umgesetzt werden kann“, sagt Thomas Hechtfischer, Aktionärsschützer bei der DSW. „Ohne Zugeständnisse wird es aber wohl nichts werden.
Wenn sich Uniper und der neue Großaktionär hier nicht halbwegs geschmeidig zeigen, ist die für den 19. Dezember geplante Rettungsaktion gefährdet.“So wird spekuliert, dass Uniper sein Niederlande-Geschäft verkaufen muss – eine Auflage, mit der Uniper leben kann. Uniper betreibt dort das Steinkohlekraftwerk Maasvlakte (ein Gigawatt) und kleinere Gaskraftwerke.
Wird es einen Squeeze Out geben? Eigentlich müsste der Staat in solchen Fällen den verbleibenden (Klein-)Aktionären ein Pflichtangebot machen. In diesem Fall nutzen Bund und Uniper aber Sonderregeln für die Energie, sodass es kein Pflichtangebot geben wird.
Wie teuer wird die Rettung? Ziemlich teuer. Von der Förderbank KfW hat Uniper eine Kreditlinie von 18 Milliarden Euro erhalten, davon hat man 14 Milliarden Euro gezogen. Zudem schießt der Staat insgesamt 33 Milliarden Euro an frischem Kapital gegen die Ausgabe neuer Aktien zu. Brutto geht es damit um 51 Milliarden Euro Staatshilfe. Darüber hinaus kauft der Bund dem finnischen Konzern Fortum die 78-Prozent-Beteiligung an Uniper für 500 Millionen Euro ab.
Wer wird neuer Aufsichtsratschef? Mit dem Staatseinstieg ist Stühlerücken im Aufsichtsrat des Konzerns angesagt. Die Fortum-Vertreter – allen voran Chefkontrolleur Markus Rauramo, aber auch Esa Hyvärinen und Nora Steiner-Forsberg – dürften rasch ausscheiden. Offen ist, was aus Bernhard Günther, Fortums Finanzchef und Unipers VizeChefkontrolleur wird. Laut Branchenkreisen sucht der Bund mithilfe einer Personalberatung nach geeigneten Nachfolgern, sei aber noch nicht fündig geworden. Anders als geplant werden die neuen Kandidaten auch nicht in der Einladung zur Hauptversammlung vorgestellt. Neuer Aufsichtsratschef könnte einer von Robert Habecks Staatssekretären wie Patrick Graichen oder Udo Philipp werden oder auch ein Energiemanager, gerne mit Kenntnissen des Gasgeschäfts. Ex-EnBW-Chef Frank Mastiaux soll kein Interesse haben, Forscherin Claudia Kemfert winkte auch ab. Auch die Tage von Finanzvorständin Tiina Tuomela sind gezählt.
Was erwarten die Beschäftigten? „Wir freuen uns über die neuen Anteilseigner. Sobald die neuen Aufsichtsräte an Bord sind, müssen wir allen Kolleginnen und Kollegen
wieder Sicherheiten für die Zukunft geben“, sagte Harald Seegatz, Chef des Konzernbetriebsrates von Uniper. „Für die Zukunft benötigen wir schnell eine belastbare Strategie für den Konzern, um die Arbeitsplätze zu sichern und um die
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu halten.“Die Sorge ist groß, dass nun die Abwanderung beginnt. Seegatz wünscht sich, dass der Staat auf Dauer Ankeraktionär bleibt – „realistisch mit 30 Prozent, gerne aber auch mit 50 Prozent“, wie er sagte.