Rheinische Post - Xanten and Moers
Kinderbetreuung im Bürgermeister-Büro
Weil die städtische Kita in Orsoy krankheitsbedingt zwei Tage schließen muss, brachte eine Mutter ihren Sohn zu Dietmar Heyde ins Rheinberger Stadthaus. Erstaunt unterbrach er eine Sitzung und nahm sich Zeit für ein Gespräch.
RHEINBERG Wenn es um die Betreuung ihres vierjährigen Sohnes Leo geht, kennt Larissa Teucher kein Pardon. So lief die Mutter aus Budberg gemeinsam mit dem Kind am Dienstagmorgen im Stadthaus auf, um im Büro von Bürgermeister Dietmar Heyde vorzusprechen. „Ich bin reingegangen, habe mich vorgestellt und habe der Vorzimmerdame gesagt, dass ich meinen Sohn bei Herrn Heyde zur Betreuung abgeben möchte“, schildert Larissa Teucher. Das Erstaunen war groß, der Bürgermeister nicht da, er saß in einer Sitzung des Verwaltungsvorstands, die er später allerdings zusammen mit Sozialdezernentin Iris Itgenshorst verließ, um mit Larissa Teucher zu sprechen.
Die Aktion hatte die 37-Jährige als Mitglied des Elternbeirats der städtischen Kindertagesstätte in Orsoy durchgeführt. Dort läuft der Betrieb offenbar nicht so, wie sich das viele Eltern vorstellen. Auch jetzt wieder nicht. Larissa Teucher: „Wir sind am Montag um 16 Uhr darüber informiert worden, dass die Kita am Dienstag und am Mittwoch geschlossen bleibt, weil die Erzieherinnen erkrankt sind.“In der vergangenen Woche seien die Betreuungszeiten schon eingeschränkt gewesen, statt von 6.45 bis 16 Uhr war die Einrichtung nur von 7.30 bis 14 Uhr geöffnet. „Das alles ist ein großes Problem für viele Eltern“, sagt die Budbergerin. „Denn heute müssen fast überall beide, Väter und Mütter, berufstätig sein, und in vielen Fällen stehen auch die Großeltern nicht zur Verfügung, weil sie oft selbst noch berufstätig sind.“Dem Elternbeirat gehe es darum, dass die Stadt „frühzeitig und transparent mit den Eltern kommuniziert“, sagt Teucher, die sich zwei Tage Sonderurlaub nehmen musste, damit ihr Sohn versorgt ist.
Auch Daniela Singh ist von der Orsoyer Kita-Schließung betroffen. Die 34-jährige Lehrerin lebt in Rheinberg-Mitte, ihre dreijährige Tochter
Nora ist im ersten Jahr in der städtischen Einrichtung. Auch ihr gefällt nicht, dass man als Elternteil von der Kita und der Stadt als Trägerin der Einrichtung kurz und knapp per E-Mail informiert werde, wenn die Kita schließe. Daniela Singh: „Von der Stadt kommt da null Unterstützung.“
In Orsoy habe es drei Wochen lang eine Notbetreuung gegeben, dafür mussten sich die Eltern in Listen eintragen, wenn ihr Kind versorgt werden sollte. „Da musste man richtig verhandeln, das ging nach dem Prinzip: Wer zuerst kommt, mahlt zuerst. So kann man das doch nicht machen.“Larissa Teucher war froh, dass es am Dienstag zu einem Gespräch mit Bürgermeister und Sozialdezernentin gekommen ist. „Ich hatte schon vergangene Woche um einen Gesprächstermin gebeten, leider ohne Erfolg“, sagt sie. Sie sieht die Stadt in der Verantwortung.
Heyde und Itgenshorst nahmen sich Zeit für das Gespräch, hätten aber nicht helfen können. Das bestätigte der Bürgermeister: „Wir können die Situation leider nicht beeinflussen. Krankheitsfälle treten in aller Regel kurzfristig auf.“Wenn der Vorschlag komme, Erzieherinnen als Springerinnen einzustellen, so lasse sich das in Rheinberg nicht realisieren. Heyde: „Das klappt in Großstädten mit vielen Kitas oder bei Verbänden wie dem DRK, aber wir als Stadt haben nur die Kitas in Vierbaum und Orsoy, da lässt sich das nicht machen.“Eine Personalaufstockung sei vollkommen unrealistisch. Er verwies auf das Land, das gefordert sei, die Kommunen bei der Kinderbetreuung besser zu unterstützen.