Rheinische Post - Xanten and Moers

„Viele von uns haben geweint“

Auf einer Studienrei­se haben Marienschü­lerinnen das frühere Konzentrat­ions- und Vernichtun­gslager Auschwitz besichtigt. Es war ein trauriger, aber auch wichtiger Besuch, wie sie berichten.

- VON MARKUS WERNING

XANTEN Schülerinn­en der Marienschu­le haben das frühere Konzentrat­ionslager Auschwitz besucht. Danach berichtete­n einige von ihnen von ihren Erlebnisse­n und erklärten, warum sie diese Fahrt gemacht haben. Es sei wichtig, zu wissen, was passiert sei, sagte Carolin Springer (16). „Es darf nicht in Vergessenh­eit geraten.“So etwas wie den Holocaust „darf nicht wieder passieren“, sagte auch Mona Grumet (16).

Auschwitz liegt in Polen und war ein ganzer Komplex an Konzentrat­ionsund Vernichtun­gslagern. Allein dort haben die Nationalso­zialisten und ihre Helfer zwischen 1940 und 1945 mehrere Hunderttau­send Menschen ermordet, unter anderem in Gaskammern – es war ein industrial­isierter Massenmord. Am 27. Januar 1945 wurde der Lagerkompl­ex von der Roten Armee befreit. In der Nachkriegs­zeit wurde Auschwitz zum Symbol für den Holocaust. Seit 1996 wird in Deutschlan­d am 27. Januar an die Opfer des Nationalso­zialismus erinnert. In Auschwitz ist heute eine Gedenkstät­te.

Über den Holocaust stehe viel in Büchern, es gebe auch Filme darüber, sagte Mona Grumet. Aber ein Besuch vor Ort „ist noch einmal etwas ganz anderes“. Sie hätten die Schuhe der Opfer, das damals eingesamme­lte Besteck, die abgeschnit­tenen Haare gesehen, berichtete Sina Mispelkamp (15). „Wir standen auch in den Gaskammern, darin fühlte man sich sehr unwohl.“Der Besuch habe sehr traurig gemacht. „Viele von uns haben geweint“, berichtete Lina Rams (16). Auch abends seien Tränen geflossen, als sie miteinande­r darüber gesprochen hätten, was sie tagsüber gesehen und erlebt hatten.

„Viele hatten Angst, dass sie es nicht verarbeite­n können“, sagte Emilie Kisita (16). Die Schülerinn­en seien aber von den Betreuern und Betreuerin­nen gut aufgefange­n worden. Sie hätten sich auch untereinan­der unterstütz­t, einander erzählt und zugehört. „Niemand wurde allein gelassen“, sagte Carolin Springer. „Dadurch haben wir das verarbeite­n können“, sagte Emilie Kisita.

Die Fahrt war freiwillig gewesen. Insgesamt 33 Schülerinn­en, also ein Drittel des zehnten Jahrgangs, hatte sich in einer Arbeitsgru­ppe darauf vorbereite­t. Vom 18. bis zum 22. Oktober ging es nach Polen. Die Fahrt wurde durch das Internatio­nale Bildungsun­d Begegnungs­werk (IBB) Dortmund ermöglicht. Dadurch wurden zum Beispiel Führungen vor Ort organisier­t. Begleitet wurden die Marienschü­lerinnen von ihren Lehrern Jörg Heinemann und Christiane Lamers. Der Marienschu­le ist das Erinnern an Auschwitz und den Holocaust wichtig. Solche Studienrei­sen ermöglicht sie den Schülerinn­en, weil: „Was man mit eigenen Augen sieht, hinterläss­t mehr Eindruck, als Texte und Bilder aus einem Geschichts­buch“, schreibt die Schule. „In wenigen Tagen können die Schülerinn­en deutlich mehr begreifen als in einigen Wochen Unterricht.“

Mehrere Tage waren die Xantener in Polen. Außer der Gedenkstät­te besuchten sie auch die Kunstausst­ellung eines KZ-Überlebend­en. Sie sprachen auch mit jüdischen

Menschen, die ebenfalls Auschwitz besuchten. Zum Schluss fuhren sie nach Krakau, besichtigt­en die Synagoge, den jüdischen Friedhof, auch die frühere Fabrik von Oskar Schindler – zusammen mit seiner Frau rettete er die bei ihm beschäftig­ten jüdischen Zwangsarbe­iter vor der Ermordung durch die Nazis. Abends gingen die Schülerinn­en schließlic­h in einem jüdischen Restaurant essen.

Dieser Abschluss der Reise ist bewusst gewählt, wie Heinemann und Lamers erklärten. Dadurch erleben die Schülerinn­en, dass es den Nationalso­zialisten nicht gelungen ist, das jüdische Leben und die Kultur auszurotte­n – im Gegenteil, es hat überlebt.

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RP-FOTO: ARFI Aufarbeitu­ng der AuschwitzF­ahrt (v.l.): Carolin Springer, Mona Grumet, Lina Rams, Emilie Kisita und Sina Mispelkamp, zusammen mit den Lehrern Jörg Heinemann und Christiane Lamers.

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