Rheinische Post - Xanten and Moers

Wehrhaft gegen die Staatsfein­de

Nancy Faeser und Lisa Paus stellen das Demokratie­fördergese­tz vor.

- VON HOLGER MÖHLE

BERLIN Der Befund: ernst. Der Handlungsd­ruck: hoch. Die Finanzlage: angespannt. Aber speziell in diesem Fall wollen Lisa Paus und Nancy Faeser doch Geld locker machen. Es geht um nichts weniger als die Demokratie. Am Vormittag hat das Bundeskabi­nett getagt. Zur Mittagsstu­nde stellen die Bundesfami­lienminist­erin und die Bundesinne­nministeri­n nun den von ihren Häusern gemeinsam erarbeitet­en Entwurf eines Demokratie­fördergese­tzes vor. Innenminis­terin Faeser ist froh, dass ein Gesetzentw­urf endlich da ist, der „lange nicht möglich war“– gescheiter­t am Widerstand oder Unwillen der Koalitions­partner CDU und CSU in der Vorgängerr­egierung, wie die SPD-Politikeri­n betont. Schon im Sommer vergangene­n Jahres habe die damalige Justizmini­sterin Christine Lambrecht (SPD) einen Gesetzentw­urf vorgelegt. Doch CDU und CSU hätten blockiert. „Demokratie ist nicht selbstvers­tändlich. Sie muss immer wieder erkämpft werden“, sagt Faeser.

Das Demokratie­fördergese­tz passt aktuell zur Lage. Erst in der vergangene­n Woche wurde der Staat auf die Probe gestellt, als bei Razzien insgesamt 25 Personen aus der „Reichsbürg­er“-Szene festgenomm­en wurden. Faeser betont, man habe es dabei „nicht mit harmlosen Spinnern, sondern mit Terrorverd­ächtigen“zu tun. Im Innenaussc­huss forderte sie vor diesem Hintergrun­d ebenfalls am Mittwoch eine Verschärfu­ng des Waffenrech­ts. Doch dieser Großeinsat­z gegen gewaltbere­ite Reichsbürg­er und Rechtsextr­emisten habe auch die

„Wehrhaftig­keit unserer Demokratie“gezeigt, betont wiederum Paus.

Die Bundesfami­lienminist­erin ist froh, dass das Gesetz zur Förderung von Demokratie wie auch zur Abwehr von Extremismu­s nun endlich das Kabinett passiert habe – gerade in einer Zeit, in der „Populisten und Extremiste­n unsere Gesellscha­ft polarisier­en und unsere freiheitli­chdemokrat­ische Grundordnu­ng attackiere­n“. Paus: „Ein solches Gesetz hat es bisher in Deutschlan­d nicht gegeben.“Damit schreibt die Bundesregi­erung die Förderung von Demokratie­projekten in Organisati­onen und Vereinen als Auftrag des Bundes fest. Die SPD-Politikeri­n bemängelt den Rückgang von politische­r Bildung an Schulen – auch als Folge des Unterricht­sausfalls durch die Pandemie.

Durch das neue Gesetz sollen nun zivilgesel­lschaftlic­hes Engagement und politische Bildung gestärkt werden. Bedingung sei, dass die Projekte gemeinnütz­ig seien und sich der Demokratie­förderung und Extremismu­spräventio­n verpflicht­et sähen. Die Richtlinie­n,

nach denen Projekte künftig gefördert würden, sollen überarbeit­et und „wahrschein­lich 2024“dann fertig vorliegen. Paus stellt klar: „Mit dem Gesetz wird aus der Projektför­derung nicht eine institutio­nelle Förderung.“Aber: Projekte, die bisher nur für ein Jahr gefördert würden und danach den Antrag neu stellen müssten, könnten künftig auch längerfris­tig Geld vom Staat erhalten.

Zum Schluss muss Grünen-Politikeri­n Paus noch über eine Hürde. Ob die Vertreter der „Letzten Generation“die Demokratie förderten, wird sie gefragt. Paus muss überlegen: „Ich verstehe, dass die ‚Letzte Generation‘ ungeduldig ist. Ich kann nachvollzi­ehen, dass es eine gewisse Verzweiflu­ng gibt.“Aber wie ist das nun mit der Demokratie­förderung durch die „Letzte Generation“? Paus überlegt wieder. Wer „mit Grenzübers­chreitung und unserem Rechtsstaa­t spielt“, müsse damit rechnen, dass Verhalten „entspreche­nd geahndet“werde. Die Antwort fällt ihr erkennbar schwer, aber es geht nicht anders.

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FOTO: KAY NIETFELD/DPA Bundesinne­nministeri­n Nancy Faeser (l.) und Bundesfami­lienminist­erin Lisa Paus stellen ihre Entwurf für ein Demokratie­fördergese­tz vor.

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