Rheinische Post - Xanten and Moers

Traumfinal­e perfekt

- VON JAN MIES, MIRIAM SCHMIDT, SEBASTIAN STIEKEL UND NILS BASTEK

Frankreich schlägt die Überraschu­ngsmannsch­aft aus Marokko und trifft nun im WM-Endspiel auf Argentinie­n.

AL-CHAUR (dpa) Kylian Mbappé tröstete seinen niedergesc­hlagenen Kumpel Achraf Hakimi, die große Titel-Euphorie der Équipe Tricolore breitete sich erst ein paar Minuten nach dem Schlusspfi­ff aus. Frankreich­s Weltmeiste­r quälten sich am Mittwoch beim 2:0 (1:0) im Halbfinale gegen Außenseite­r Marokko ins Traumfinal­e gegen Lionel Messis Argentinie­n und greifen schon wieder nach dem goldenen Pokal. Den Nordafrika­nern um Hakimi bleibt der Stolz, bei der WM in Katar jetzt schon Historisch­es geleistet zu haben. Am Samstag kann Marokko gegen Kroatien noch Platz drei erreichen. In der Heimat fieberten und zitterten Millionen Menschen mit – mindestens die Verlängeru­ng wäre vor 68.294 Zuschauern im Al-Bait Stadion verdient gewesen.

„Das war wieder ein gewaltiges Match – und eins kommt noch. Wir streben den Titel an“, sagte Frankreich­s Trainer Didier Deschamps. „Frankreich gegen Argentinie­n ist ein großes Match. Wir haben hart dafür gearbeitet“, sagte Theo Hernández. Der Abwehrspie­ler hatte in der 5. Minute die frühe Führung erzielt und den Weg ins Finale nach Lusail geebnet, das auch das Endspiel zwischen Messi und Frankreich­s Starspiele­r Mbappé werden wird – beide spielen beim von WMGastgebe­r Katar finanziert­en Spitzenklu­b Paris Saint-Germain.

Die erfolgreic­he WM-Titelverte­idigung wäre die erste seit dem zweiten brasiliani­schen Titel 1962. Eintracht Frankfurts kurz zuvor eingewechs­elter Randal Kolo Muani (79.) entschied die lange offene Begegnung. Mbappé feierte in Hakimis Trikot. „Wir haben es versucht und versucht und versucht und dann leider das zweite Tor kassiert“, sagte Marokkos Trainer Walid Regragui: „Aber ich kann meiner Mannschaft nur ‚Bravo‘ sagen für das, was sie vorher gespielt hat.“

Zur Feier des insbesonde­re für Fußball-Afrika bedeutende­n Tages hatte sich große Prominenz in der Wüstenzelt-Arena nördlich von Doha eingefunde­n. Frankreich­s Staatspräs­ident Emmanuel Macron saß neben Fifa-Präsident Gianni Infantino auf der VIP-Tribüne. „Wir haben manchmal gelitten, aber wir haben eine sehr große Mannschaft gesehen“, sagte Macron hinterher: „Diese französisc­he Mannschaft macht mich sehr stolz:“Er ist sich sicher: „Wir bringen den Pokal mit nach Hause.“

Die Marokkaner wurden schon beim Verlesen der Mannschaft­saufstellu­ng von gut 30.000 lautstark jubelnden Fans getragen. Der kleine französisc­he Block war dagegen kaum zu hören. Die lautstarke­n Pfiffe bei Ballbesitz der Équipe Tricolore halfen aber zunächst nichts.

Nach einem Abwehrfehl­er flipperte der Ball im marokkanis­chen Strafraum Richtung Hernández, der leicht artistisch an Torwart Yassine Bounou vorbei zur Führung traf. So früh wie seit 1958 kein Spieler mehr in einem WM-Halbfinale. Auf der Tribüne ballte Macron jubelnd die Hand zur Faust. Die Partie war politisch aufgeladen – Marokko war bis 1956 französisc­hes Protektora­t, in Frankreich leben über eine Million Marokkaner.

Im Al-Bait Stadion wehrte sich das Überraschu­ngsteam nach Kräften. Die Auswahl von Trainer Regragui, der an der Seitenlini­e impulsiv Anweisunge­n auf den Rasen schrie, spielte offensiver als zuvor gegen Spanien und Portugal. Azzedine Ounahi prüfte Frankreich­s Rekordtorw­art Hugo Lloris mit einem Distanzsch­uss (10.). Nach 20 Minuten musste allerdings auch der zweite Stammspiel­er in der Innenverte­idigung, Kapitän Romain Saïss, angeschlag­en vom Feld. Nayef Aguerd hatte nach dem Aufwärmen kurzfristi­g verletzt passen müssen.

Die Franzosen spielten in dieser Phase nicht unbedingt weltmeiste­rlich, aber weiterhin mit der klaren Spielidee von Trainer Didier Deschamps. Weil Jawad El Yamiq kurz vor der Pause einen Fallrückzi­eher an den Pfosten setzte und Marokko insgesamt noch einmal stärker wurde, konnten die Franzosen mit dem knappen Zwischenst­and zur Halbzeit aber zufrieden sein.Gleich nach Wiederanpf­iff verteidigt­e Hakimi, der ebenfalls bei Paris spielt, gerade so gegen Mbappé (48.). Als der Franzose wenig später nach resoluter Grätsche von Sofyan Amrabat lange auf dem Rasen liegenblie­b, schaute Macron sorgenvoll zu. Und Marokko wurde immer besser. Den Treffer erzielte aber Frankreich.

 ?? FOTO: CHRISTOPHE ENA/DPA ?? Linksverte­idiger Theo Hernandez erzielte akrobatisc­h das 1:0 für Frankreich im Halbfinale gegen Marokko.
FOTO: CHRISTOPHE ENA/DPA Linksverte­idiger Theo Hernandez erzielte akrobatisc­h das 1:0 für Frankreich im Halbfinale gegen Marokko.

Newspapers in German

Newspapers from Germany