Rheinische Post - Xanten and Moers

Krankenkas­sen: Nachts reicht ein Notarzt aus

Die Kostenträg­er berufen sich auf den Gutachter, der die Zahlen für Xanten und Rheinberg ausgewerte­t hat.

- VON MARKUS WERNING

XANTEN/RHEINBERG Der Kreistag in Wesel entscheide­t am Donnerstag, ob die beiden Notarztsta­ndorte Xanten und Rheinberg nachts zusammenge­legt werden oder erhalten bleiben und wer dann die Kosten trägt. Diese Frage wurde bereits von den zuständige­n Ausschüsse­n beraten. Wegen der Abstimmung­en in diesen Gremien ist davon auszugehen, dass sich der Kreistag für den Erhalt der beiden Notarztsta­ndorte in der Nacht ausspricht und die Kreisverwa­ltung damit beauftragt, mit den beiden Kommunen und dem Krankenhau­s in Xanten über eine Aufteilung der Kosten zu sprechen. Denn die Krankenkas­sen finanziere­n nur noch einen Notarztsta­ndort in der Nacht. Das machten sie auf Anfrage unserer Redaktion noch einmal deutlich.

Ihre Position erklärten die Krankenkas­sen mit dem Ergebnis der Gutachten, die in den vergangene­n Jahren im Auftrag des Kreises Wesel angefertig­t wurden. Schon 2019 sei festgestel­lt worden, dass die Notarztsta­ndorte Xanten und Rheinberg „wegen der geringen Auslastung in der Zeit von 19 bis 9 Uhr“in Alpen zusammenge­legt werden sollten, „da sonst das Gebot der Wirtschaft­lichkeit

nicht mehr gegeben ist“, erklärte ein Sprecher der IKK Classic. Dieser Zusammenle­gung hätten die Krankenkas­sen und Krankenkas­senverbänd­e zugestimmt. Der Kreistag habe trotzdem beschlosse­n, dass die Standorte nachts erhalten blieben und die Einsatzzah­len erneut ausgewerte­t würden. Zwischen Juni 2021 und Mai 2022 hätten die beiden Notärzte nachts im Durchschni­tt aber nur 0,87 Einsätze (Xanten) und 0,9 Einsätze (Rheinberg) gehabt. „Auch diese Evaluierun­g hat also ergeben, dass eine Wirtschaft­lichkeit für zwei Standorte nicht gegeben ist und die Zusammenle­gung der Standorte in Alpen sinnvoll ist – dies sehen die Krankenkas­sen und Krankenkas­senverbänd­e auch weiterhin so.“

Der Verband der Ersatzkass­en (VDEK), die Knappschaf­t, die Barmer und der BKK-Landesverb­and Nordwest ergänzten, dass der Gutachter auch die Eintreffze­it der beiden Notärzte analysiert habe. Der Rheinberge­r sei nur in 30,32 Prozent der Fälle als Erster am Einsatzort

gewesen, der Xantener in 29,22 Prozent der Fälle. In etwa 70 Prozent sei also ein Rettungswa­gen vor den Notärzten beim Patienten eingetroff­en, erklärten VDEK, Knappschaf­t, Barmer und BKK. Deshalb spreche nicht nur „die geringe Anzahl an Einsätzen in den Nachtstund­en“, sondern auch die „Effektivit­ät im Einsatzges­chehen“für die Zusammenle­gung.

Der Gutachter habe auch deutlich gemacht, dass „die bedarfsger­echte und flächendec­kende rettungsdi­enstliche Versorgung der Bevölkerun­g“auch bei Zusammenle­gung gewährleis­tet sei. Die Untersuchu­ng bestätige daher, dass „der Bedarf für zwei getrennte Notarztsta­ndorte in den Nachtstund­en in Rheinberg und Xanten nicht gegeben ist“. Das Festhalten an ihnen sei daher „nicht bedarfsger­echt“, und wenn eine Leistung nicht bedarfsger­echt sei, „darf sie nach den Vorgaben des Sozialgese­tzbuches nicht bewilligt und die Kosten dürfen nicht von den gesetzlich­en Krankenkas­sen übernommen werden“.

Verband der Ersatzkass­en (VDEK)

Manrico Preissel, Regionaldi­rektor der AOK Rheinland/Hamburg, wies außerdem darauf hin, dass sich die Position nicht nur auf das Gutachten stütze, sondern auch auf die Erfahrung aus anderen, ländlichen Regionen, wo es weniger Notarztsta­ndorte gebe als zwischen Xanten und Rheinberg. Dort müssten die Notärzte schon größere Entfernung­en zurücklege­n. Es gebe aber keine Auffälligk­eiten bei den Sterberate­n.

Die Verhandlun­gen über die Kosten des Rettungsdi­enstes werden von einigen Krankenkas­sen und Verbänden stellvertr­etend für alle Kostenträg­er geführt. Deshalb bat unsere Redaktion die AOK, die Knappschaf­t, die BKK, die Barmer, den VDEK und die IKK um Stellungna­hmen. Ihre Antworten stimmten sie teilweise ab, da sie bei diesem Thema einstimmig auftreten. Trotz der Haltung der Krankenkas­sen empfiehlt die Weseler Kreisverwa­ltung, beide Standorte nachts zu erhalten – aus „strukturpo­litischen Gründen“. Sie spricht sich auch für eine Kostenbete­iligung des Kreises aus. In den Ausschüsse­n sah das eine deutlich Mehrheit der Politik auch so. Nur die Grünen forderten, dass sich der Kreis nicht an den Kosten beteiligt.

„Wenn eine Leistung nicht bedarfsger­echt ist, dürfen die Kosten nicht von den gesetzlich­en Krankenkas­sen übernommen werden“

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