Rheinische Post - Xanten and Moers

Noch kein Grund zur Entwarnung

- VON HOLGER MÖHLE

Drei Männer, der Bundeskanz­ler und zwei Minister, in leuchtendg­elben Arbeitsjac­ken. Und ein Schiff mit dem Namen „Hoffnung“. Die Botschaft, die Olaf Scholz, Robert Habeck und Christian Lindner, mit der Eröffnung des ersten deutschen Flüssiggas-Terminals ausgesende­t haben, ist klar: Die Ampel packt an, die Regierung ist angesichts der Krisen voll im Arbeitsmod­us – und dabei sowohl handlungs- als auch entscheidu­ngsfähig. Davon zeugt die Geschwindi­gkeit, in der dieses erste LNG-Terminal errichtet wurde. Zehn Monate von der Entscheidu­ng bis zur Fertigstel­lung. Davon können Bauleute nur träumen. Von Russlands Willkür will sich Deutschlan­d nicht länger abhängig machen.

Das Land stellt sich in atemberaub­endem Tempo energiepol­itisch neu auf, muss dabei nun allerdings noch einen fossilen Umweg gehen, um die Energiever­sorgung für Bevölkerun­g und Wirtschaft sicherzust­ellen. Die erneuerbar­en Energien schaffen das noch nicht allein. Bundeswirt­schaftsmin­ister Robert Habeck ist deshalb sehr früh nach Beginn des Ukraine-Krieges in andere Weltregion­en gereist, um neue Liefervert­räge für Gas und Öl zu schließen und Wasserstof­f-Kooperatio­nen zu finden. Dies ist kein Wunschkonz­ert, denn die neuen Lieferante­n sind – siehe Katar – gleichfall­s wahrlich keine demokratis­chen Staaten.

Mit der Eröffnung dieses ersten deutschen Flüssiggas-Terminals kann noch keine Entwarnung gegeben werden, auch wenn die Gasspeiche­r vor Beginn dieses Winters gut gefüllt waren. Das Schiff „Hoegh Esperanza“kann nur ein Baustein sein, um die Gasversorg­ung sicherzust­ellen. Nun sollen in ebenfalls hohem Tempo noch vier weitere Terminals entstehen. Sollte Deutschlan­d dann zu viel Gas haben, kann es solidarisc­h einen Teil der Menge an europäisch­e Partnersta­aten abgeben. Denn die Energiekri­se ist nicht bis zum neuen Jahr gelöst. Der nächste Winter kommt bestimmt.

Newspapers in German

Newspapers from Germany