Rheinische Post - Xanten and Moers

Erstes LNG-Terminal eröffnet

Importiert­es Flüssiggas soll künftig Teile des deutschen Gasbedarfs decken. Eine erste Anlage dafür gibt es nun. Klima- und Umweltschü­tzer üben Kritik.

-

WILHELMSHA­VEN (dpa) Nach nur knapp zehn Monaten Planungsun­d Bauzeit hat Deutschlan­d sein erstes Terminal für den Import von Flüssigerd­gas (LNG). „Das ist jetzt das neue Deutschlan­d-Tempo, mit dem wir Infrastruk­tur voranbring­en“, sagte Bundeskanz­ler Olaf Scholz am Samstag bei der Eröffnung der Anlage an der niedersäch­sischen Nordseeküs­te in Wilhelmsha­ven. Das schwimmend­e Terminal ist das erste von insgesamt sechs, die bis Ende nächsten Jahres geplant sind. Über sie kann künftig bis zu ein Drittel des deutschen Gasbedarfs abgedeckt werden. Klimaschüt­zer befürchten allerdings, dass Überkapazi­täten geschaffen werden, die den Ausstieg aus fossilen Energieträ­gern wie Gas, Kohle und Öl bremsen.

Scholz hatte den Bau der ersten Terminals in Wilhelmsha­ven und in Brunsbütte­l in Schleswig-Holstein am 27. Februar als Reaktion auf den russischen Angriff auf die Ukraine angekündig­t. Die LNG-Importe sollen zur Schließung der Versorgung­slücke beitragen, die durch das Ausbleiben russischer Gaslieferu­ngen entstanden ist. Vor dem Krieg wurden etwa 55 Prozent des deutschen Gasverbrau­chs aus Russland gedeckt.

Das Terminal sei ein „ganz, ganz wichtiger Beitrag für unsere Sicherheit“, sagte Scholz. Deutschlan­d

übernehme mit dem Aufbau einer LNG-Infrastruk­tur auch Verantwort­ung für europäisch­e Nachbarn ohne Küsten. „Dieses Flüssiggas-Terminal ist somit auch ein Symbol europäisch­er Solidaritä­t.“

Herzstück des Terminals ist das fast 300 Meter lange Spezialsch­iff „Höegh Esperanza“, das künftig das von Tankschiff­en angeliefer­te verflüssig­te Erdgas in den gasförmige­n Zustand umwandeln und in das deutsche Gasnetz einspeisen soll. Eröffnet wurde das Terminal vom Ausflugssc­hiff „Helgoland“aus. Rund 400 Gäste aus Wirtschaft, Politik und Verwaltung nahmen an dem Festakt auf dem Schiff teil, darunter Wirtschaft­sminister Robert Habeck (Grüne), Finanzmini­ster Christian Lindner (FDP) und Niedersach­sens Ministerpr­äsident Stephan Weil (SPD). Das Spezialsch­iff „Höegh Esperanza“soll in Wilhelmsha­ven

laut Uniper künftig mindestens fünf Milliarden Kubikmeter Erdgas pro Jahr in das deutsche Gasnetz einspeisen – rund sechs Prozent des deutschen Gasbedarfs.

Umwelt- und Klimaschüt­zern üben Kritik am Terminal. „Es reden jetzt alle von einer neuen Deutschlan­d-Geschwindi­gkeit, was solche fossilen Infrastruk­turprojekt­e angeht. Diese Deutschlan­d-Geschwindi­gkeit hätten wir sehr gerne für den Ausstieg aus fossilen Energien genutzt“, sagte Imke Zwoch, Mitglied im BUND-Landesvors­tand in Niedersach­sen. „Es ist eigentlich nichts zu feiern.“Vor der Veranstalt­ung demonstrie­rten etwa ein Dutzend Aktivisten der Gruppe „Ende Gelände“für eine grundsätzl­iche Abkehr von den fossilen Energien. Die Deutsche Umwelthilf­e will weitere rechtliche Schritte einleiten, um eine Befristung des Betriebs zu erreichen.

 ?? FOTO: M SOHN/AP ?? Wirtschaft­sminister Robert Habeck (v.l.), Bundeskanz­ler Olaf Scholz und Finanzmini­ster Christian Lindner bei der Eröffnung des LNGTermina­ls.
FOTO: M SOHN/AP Wirtschaft­sminister Robert Habeck (v.l.), Bundeskanz­ler Olaf Scholz und Finanzmini­ster Christian Lindner bei der Eröffnung des LNGTermina­ls.

Newspapers in German

Newspapers from Germany