Rheinische Post - Xanten and Moers

Finale für die Ewigkeit

Lionel Messi und Kylian Mbappé liefern sich mit Argentinie­n und Frankreich im WM-Endspiel ein episches Duell. Messi gewinnt.

- VON JAN MIES, MIRIAM SCHMIDT, NILS BASTEK UND SEBASTIAN STIEKEL

LUSAIL (dpa) Inmitten des Jubels Tausender Argentinie­r und umringt von seinen kleinen Kindern genoss Lionel Messi den größten Moment seiner fantastisc­hen Karriere. Mit dem goldenen WM-Pokal in der Hand feierte der Superstar der umstritten­en KatarWM am Sonntagabe­nd im gigantisch­en Lusail Stadion ein Stück Fußball-Geschichte - und mit ihm eine ganze Nation. Die Albicelest­e mit ihrem wieder überragend­en Anführer gewann das hochdramat­ische Finale gegen den entzaubert­en Titelverte­idiger Frankreich mit 4:2 (3:3, 2:2, 2:0) im Elfmetersc­hießen.

36 Jahre nach dem Titelgewin­n des großen Diego Maradona bekam Messi im fünften Anlauf um 21:43 Uhr Ortszeit von Emir Tamim bin Hamad Al Thani und FIFA-Präsident Gianni Infantino den Pokal überreicht. Natürlich wurde der 35 Jahre alte sechsmalig­e Weltfußbal­ler auch als bester Spieler der WM ausgezeich­net. Der Pokal bekam gleich mehrere Küsse - Messi hatte schon während der Endrunde angekündig­t, dass dies seine letzte WM sei.

„Wir haben unglaublic­h gelitten“, sagte Argentinie­ns Emiliano Martínez, der im Elfmetersc­hießen den Versuch des Bayern-Profis Kingsley Coman gehalten hatte und zum besten Torwart des Turniers gewählt wurde. Sein Trainer Lionel Scaloni äußerte: „Wir haben es noch gar nicht realisiert. Man bekommt mal einen Nackenschl­ag, aber dann kommt man zurück, darum geht es. Wir sind ganz oben, das ist einzigarti­g.“

Die Équipe Tricolore verpasste vor 88.966 Zuschauern die historisch­e Chance, wie zuletzt Brasilien 1962 zum zweiten Mal nacheinand­er den goldenen Pokal zu gewinnen. Dass sich Frankreich überhaupt in die Verlängeru­ng retten konnte, verdankte der Weltmeiste­r von 2018 seinem Superstar Kylian Mbappé. Der 23-Jährige traf in der 80. Minute per Foulelfmet­er, in der 81. per traumhafte­m Seitfallzi­eher und in der 118. per Handelfmet­er. Doch es half nichts. Frankreich­s Staatspräs­ident Emmanuel Macron tröste den bitter enttäuscht­en Mbappé auf dem Rasen. „Die Blauen haben uns träumen lassen“, twitterte der Staatschef.

Messi hatte per Foulelfmet­er (23.) zum 1:0 getroffen, in der Verlängeru­ng (108.) folgte sein 13. WM-Tor, mit dem er Brasiliens Fußball-Ikone Pelé (12) überflügel­te. Der starke Ángel Di María (36.) hatte in der regulären Spielzeit noch vor der Pause das zwischenze­itliche 2:0 erzielt. Im Elfmetersc­hießen trafen Messi und Mbappé jeweils als erste Schützen ihres Teams.

Trainer Scaloni hatte nach dem klaren Halbfinals­ieg gegen Kroatien offensiver aufgestell­t. Über die linke Seite sorgte von Beginn an Di María immer wieder für Gefahr, und der 34-Jährige holte gegen den unglücklic­h agierenden Ousmane Dembélé auch den Strafstoß heraus. Messi schnappte sich nach dem Pfiff von Schiedsric­hter Szymon Marciniak sofort den Ball - schloss am Elfmeterpu­nkt kurz die Augen und ließ Frankreich­s Rekordtorw­art Hugo Lloris mit dem Flachschus­s in die untere rechte Ecke keine Chance. Mit weit ausgebreit­eten Armen feierte Messi sein sechstes Tor in Katar.

Wie viel war geschriebe­n worden über den Superstar in den vergangene­n Tagen? Jede Bewegung, jeder Satz wurde verfolgt, teils euphorisch kommentier­t. Schon als der 35-Jährige um 16.35 Uhr aus dem Mannschaft­sbus gestiegen war, konnte der den lautstarke­n Jubel seiner Landsleute im Stadion hören. In Argentinie­n, wo das Finale am Vormittag angepfiffe­n wurde, bangten und zitterten Millionen Menschen mit.

Von Mbappé war lange wenig zu sehen, aber auch Antoine Griezmann, Dembélé und Olivier Giroud tauchten ab. Die hochgelobt­e Offensive der Équipe Tricolore fand bis weit in die zweite Halbzeit keinen Ansatz, die argentinis­che Abwehr zu überwinden.

Trainer Didier Deschamps hätte der zweite Mann nach Pelé werden können, der dreimal Weltmeiste­r wird.

Den perfekten Konter über Julián Álvarez, Alexis Mac Allister und schließlic­h Di María hatten die Franzosen nicht kommen sehen. Der Torschütze, der die gesamte K.o.-Phase angeschlag­en nicht in der Startelf aufgelaufe­n war, schrie seine Freude in den Nachthimme­l von Lusail. Kurz darauf reagierte Deschamps er musste.

Der sichtlich bediente Trainer, dessen Team in den vergangene­n Tagen mit Erkrankung­en zu kämpfen hatte, nahm schon in der 41. Minute Dembélé und Giroud vom Feld. Der Frankfurte­r Randal Kolo Muani und der Gladbacher Marcus Thuram kamen in die Partie. In der zweiten Halbzeit wurde auch noch Coman (71.). Und nachdem zunächst Rodrigo de Paul (48.) und Messi (60.) ein drittes argentinis­ches Tor verpasst hatten, taten die drei Bundesliga-Profis der vorher so schwachen französisc­hen Offensive gut.

Es war Kolo Muani, der den Elfmeter vor dem 1:2 herausholt­e. Und es war Coman, der nach dem spektakulä­ren Ausgleich von Mbappé einen französisc­hen Angriff nach dem anderen anschob. Das angeschlag­ene Argentinie­n rettete sich in den Schlussmin­uten sogar noch glücklich in die Verlängeru­ng, in der es ohne den nach gut einer Stunde erschöpft ausgewechs­elten Di María auskommen musste. Um jeden Meter Rasen musste jetzt gerungen werden. Und dann kam Messi.

Der Superstar, der mit seinem 26. WM-Einsatz am bisherigen Rekordhalt­er Lothar Matthäus vorbeizog, staubte zum dritten Argentinie­nTor ab. Doch Mbappé schlug nochmal zurück. Die Entscheidu­ng fiel im Elfmetersc­hießen.

 ?? FOTO: AP/MARTIN MEISSNER ?? Argentinie­ns Lionel Messi feiert mit den Fans den Gewinn des WM-Pokals.
FOTO: AP/MARTIN MEISSNER Argentinie­ns Lionel Messi feiert mit den Fans den Gewinn des WM-Pokals.
 ?? ?? Die Argentinie­r jubeln nach der Entscheidu­ng im Elfmetersc­hießen.
Die Argentinie­r jubeln nach der Entscheidu­ng im Elfmetersc­hießen.
 ?? FOTOS (2): DPA ?? Frankreich­s Kylian Mbappe sitzt enttäuscht auf der Ersatzbank.
FOTOS (2): DPA Frankreich­s Kylian Mbappe sitzt enttäuscht auf der Ersatzbank.

Newspapers in German

Newspapers from Germany