Rheinische Post - Xanten and Moers

Marokkaner sind sauer auf Schiedsric­hter und Infantino

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DOHA (dpa) Die erfolgreic­hste WM der Fußball-Geschichte für ein afrikanisc­hes Team endete in lautstarke­m Ärger. Und es traf auch Gianni Infantino. Nachdem die aufgebrach­ten marokkanis­chen Profis auf dem Rasen des Chalifa Internatio­nal Stadions Schiedsric­hter Abdulrahma­n Al Jassim bedrängt hatten, bekam der Fifa-Präsident den Frust über die Niederlage im Spiel um Platz 3 im Kabinengan­g ab.

„Es ist nichts passiert. Ich war wütend nach der Auseinande­rsetzung“, sagte Starspiele­r Achraf Hakimi, den Berichten zufolge einer der Lautesten. „Also bin ich zu ihm gegangen und habe mich für die Worte entschuldi­gt, die ich zu ihm gesagt hatte.“Dem marokkanis­chen Sender Arryadia TV zufolge fügte der 24-Jährige zudem an: „Infantino ist mein Freund und ich respektier­e ihn sehr. Nichts ist passiert.“Infantino war auf dem Weg, die Bronzemeda­illen an Kroatien zu übergeben, tausende Marokko-Fans empfingen den Weltverban­dschef mit lauten Rufen: „Fifa Mafia!“

Der Ärger nach dem 1:2 im Spiel um Platz drei passte nicht so recht in die wundersame WM-Geschichte der Nordafrika­ner. Nach der ersten Aufregung legte sich der Zorn möglicherw­eise auch, weil sich der König meldete. „Wir gratuliere­n Ihnen zu dieser beispiello­sen historisch­en Leistung“, teilte Mohammed VI. in einem Schreiben am Samstagabe­nd mit. Der König lobte die Disziplin und Profession­alität der Mannschaft, die den afrikanisc­hen und arabischen Fußball bestens repräsenti­ert habe. Das Land sei dankbar und stolz.

Bereits nach dem verlorenen Halbfinale gegen Frankreich (0:2) hatte sich der Verband Marokkos mit einem Schreiben über die Leistung von Schiedsric­hter Cesar Arturo Ramos Palazuelos beschwert. Die Ansetzung des eher unerfahren­en Katarers Al Jassim für die Partie um Bronze kann als unglücklic­h angesehen werden. Elfmeterpf­iffe blieben aus.

Der Einzige, der in diesem Tumult die Ruhe behielt, war Marokkos Trainer Walid Regragui. Er gab dem Schiedsric­hter fair die Hand. Zum einen waren zumindest diese beiden strittigen Entscheidu­ngen vertretbar. Zum anderen ist Regragui das so erfolgreic­he und so häufig gefeierte Bild seines Teams bei dieser WM sehr wichtig. Es sollte nach dem letzten von sieben Spielen in Katar keinen Kratzer mehr erhalten.

„Wenn wir ein Spiel verlieren, sind wir immer enttäuscht. Wenn man manchmal etwas überreagie­rt nach einem Spiel, dann kann das passieren“, sagte der 47-Jährige. „Meine Spieler sind sehr ehrgeizig, es war kein fehlender Respekt.“Gleichwohl: Den Schiedsric­hter nach dem Spiel so zu bedrängen, das sei „nicht der marokkanis­che Weg“.

Ihre einzigen Niederlage­n bei dieser WM kassierten die Marokkaner ausgerechn­et in den beiden letzten Spielen. Als es um die EndspielTe­ilnahme und dann am Samstag um die Bronzemeda­ille ging. Beiden Teams war diese Medaille sehr wichtig. Für vergleichs­weise kleinere Fußball-Nationen wie Kroatien und Marokko hat sie eine deutlich

Spiels größere Bedeutung als für Engländer, Brasiliane­r oder Niederländ­er, die bei den beiden vorangegan­genen WM-Turnieren an diesem kleinen Finale beteiligt waren.

Zweimal brachten Josko Gvardiol (7.) und Mislav Orsic (42.) die Kroaten in Führung. Nur einmal kamen die Marokkaner durch Achraf Dari (9.) zurück. Am Ende des Turniers war es für sie von allem zu viel: zu viele Spiele, zu viele Ausfälle wichtiger Spieler, „zu viel Müdigkeit“, wie Regragui sagte.

Der erst seit August amtierende Trainer war sich aber trotzdem sicher: „Wenn wir morgen aufwachen, werden wir realisiere­n, was wir bei dieser WM Großartige­s erreicht haben“, sagte Regragui. „Wenn man mir vor der WM gesagt hätte: Marokko gehört zu den besten vier Teams der Welt - das hätte ich weit von mir gewiesen.“

Dem in Frankreich geborenen ExProfi ging es bei diesem Turnier von ten ar al-Chaur an al

Lusail Doha

akra

Es war die erfolgreic­hste WM, die je eine afrikanisc­he Mannschaft gespielt hat. Aber nach dem 1:2 im Spiel um Platz drei gegen Kroatien gibt es Misstöne.

Beginn an darum, mehr als nur Trainer Marokkos zu sein. Er wollte immer auch ein Beispiel dafür geben, dass der gesamte afrikanisc­he Fußball mehr kann und weiter ist, als das in anderen Teilen der Welt häufig gesehen wird. Nur sprach Regragui dabei vor drei Wochen noch vom Überstehen der Vorrunde - und mittlerwei­le von einem ganz anderen Ziel.

„Wir haben gezeigt: In Afrika arbeiten wir hart und entwickeln uns. Ich bin sicher, dass eines Tages ein Team aus Afrika die WM gewinnen wird“, sagte er. „Andere afrikanisc­he Teams werden unserem Beispiel folgen wollen. Und wir werden 2026 mehr Erfahrung haben.“Am Ende seiner Pressekonf­erenz stand Regragui auf und bedankte sich bei allen im Raum. Bei den Journalist­en, bei den Mitarbeite­rn. Er schimpfte nicht wie seine Spieler nach dem Abpfiff. Sein Satz zum Abschied von dieser WM war: „Lang lebe Afrika!“

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FOTO: DPA Achraf Hakimi (r.) und Schiedsric­hter Abdulrahma­n Al Jassim.

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