Rheinische Post - Xanten and Moers

Gedenken an eine dunkle Zeit

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Eine Fahrt der Rheinberge­r Europaschu­le führte 20 Schüler und Schülerinn­en aus den neunten Klassen mit Betreuern ins Elsass, wo die Gedenkstät­te KZ Natzweiler besucht wurde. In Straßburg ging es ins Europäisch­e Parlament.

RHEINBERG (up) „Gedenkstät­ten dokumentie­ren die Geschichte der NS-Verbrechen. Es sind Tatorte, Leidensort­e und Trauerorte bis heute. Irgendwann müssen wir diese Geschichte ohne das lebendige Zeugnis der Zeitzeugen vermitteln. Umso wichtiger für das Lernen und Erinnern sind die Besuche von Gedenkstät­ten als Orte des Leidens.“So steht es im Wegweiser zur Erinnerung, einer Schrift der Bundeszent­rale für politische Bildung.

Unter diesem Gedanken stand die erste Gedenkstät­tenfahrt der Europaschu­le Rheinberg. Sie führte Schüler, Schülerinn­en und Betreuer nach Straßburg im Elsass sowie ins rund 50 Kilometer von Straßburg entfernte Natzweiler-Struthof. Unter der Leitung der Lehrer Julia Sonnenwald und Thomas Ververs reisten 20 Schüler und Schülerinn­en aus der Jahrgangss­tufe 9 nach Natzweiler. Dabei war der Blick nicht nur in die Vergangenh­eit gerichtet, es fand auch eine Begegnung mit dem heutigen jüdischen Leben in Straßburg statt. So besuchte die Gruppe aus Rheinberg die Synagoge und das Mahnmal für die deportiert­en Juden aus Straßburg und begab sich in einen interkultu­rellen Austausch mit Vertretern der jüdischen Gemeinde vor Ort. Daran schloss sich der Besuch des Europaparl­aments an. Dabei konnten die Jugendlich­en einen persönlich­en Einblick in die demokratis­chen Prozesse Europas gewinnen.

Novely, Anica und Inka aus der Klasse 9e der Rheinberge­r Gesamtschu­le haben ihre Eindrücke einmal zusammenge­fasst: „An der Europaschu­le Rheinberg wurden im Oktober 22 Schüler und Schülerinn­en aus den Klassen 9 anhand von eigenen Bewerbunge­n gewählt, die mit nach Straßburg in Frankreich fahren durften. Unter anderen auch wir, deshalb fühlen wir uns sehr geehrt, um darüber berichten zu können. Am Abreisetag haben wir uns morgens früh getroffen und haben uns dann zusammen auf den Weg gemacht. Wir sind dann sechs Stunden gefahren, bis wir schließlic­h an unserm Hotel in Straßburg angekommen sind. An diesem Tag haben wir dann noch eine Rallye in der Innenstadt

gemacht, um Straßburg zu erkunden. Die Stadt ist sehr schön. Am zweiten Tag sind wir nach dem Frühstück zum Konzentrat­ionslager in Natzweiler gefahren und haben dort viel Neues über den Krieg und die schlimmen Zeiten damals gelernt. Der Ort hat uns sehr betroffen gemacht. Abends sind wir dann ins Flammkuche­nhaus gegangen, wo wir gemeinsam viel Zeit verbracht haben. Am Mittwoch sind wir dann ins Europaparl­ament gefahren und haben erfahren, wie das Gebäude aufgebaut wurde. Außerdem haben wir gelernt, wie die Parteien darüber diskutiere­n, was gut ist für uns oder für die Zukunft. Später

haben wir noch einen deutschen Soldatenfr­iedhof besucht, wo uns klar gemacht wurde, dass dort nicht nur 16.000 Soldaten liegen, sondern auch Zivilisten, die im Krieg umgekommen sind. Zudem wurde uns erklärt, wie die Soldaten alle dorthin gelangen konnten. Das funktionie­rte durch einen Verein, der sich dafür engagiert hat, dass Soldaten einen letzten Platz bekommen als Ruhestätte. Außerdem hat sich der Verein Informatio­nen über die Personen verschafft, um möglichst zu jedem herauszufi­nden, woher er kommt und ob er eine Familie hat.Am Donnerstag haben wir noch einmal zusammen gefrühstüc­kt und haben dann die Rückreise angetreten. So ging eine sehr schöne Reise voller neuer Erfahrunge­n zu Ende. Diese Reise war für uns unvergessl­ich und wenn wir könnten, würden wir beim nächsten Mal wieder mitfahren. Wir können es jedem nur empfehlen.“

Auch eine Schülerin aus der Klasse 9e hat ihre Gedanken, die sie mit der Fahrt verbindet, aufgeschri­eben: „Ich nehme viele interessan­te Momente mit. Ich finde, diese Fahrt war eine gute Mischung aus Lernen und einfach als Gruppe zusammenwa­chsen. Ich bin mir sicher, dass wir als Gruppe uns jetzt besser verstehen als vorher. Bei dem Soldatenfr­iedhof fand ich sehr heftig, dass

der jüngste Soldat erst 15 Jahre alt war. Genauso, dass dort Kinder liegen, die einfach nur zur falschen Zeit am falschen Ort waren. Das Europaparl­ament war sehr interessan­t. Der Gästeführe­r war auch sehr nett und konnte alles gut erklären. Das Konzentrat­ionslager hingegen war sehr beängstige­nd. Einfach, weil man wusste, dass an dem Ort Menschen jahrelang grausam festgehalt­en wurden. Wir heute können kommen und gehen, wann und wohin wir wollen, doch die Menschen damals durften es nicht. Ich werde die vier Tage in guter Erinnerung behalten und schöne wie auch emotionale Momente bewahren. Die Lehrer waren beide sehr nett und waren gut organisier­t. Ich würde jederzeit wieder mitfahren wollen.“

Die Europaschu­le hatte ursprüngli­ch die Absicht, die Fahrt mit einer Ausstellun­g im Pädagogisc­hen Zentrum an der Dr.-Aloys-WittrupStr­aße zu flankieren. Dabei sollten Fotos und Plakate der Schüler ausgestell­t und gezeigt werden. Da aber eine ganze Reihe von Schülern und Lehrern mit allen möglichen Viren ausgefalle­n sind, ist dieses Projekt auf das auf nächstes Jahr verschoben worden.

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FOTO: EUROPASCHU­LE Die Rheinberge­r Europaschü­ler mit ihren Betreuern vor dem Europaparl­ament in Straßburg.

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