Rheinische Post - Xanten and Moers
Zahl der Kirchenaustritte steigt stark
In Duisburg wollen so viele Menschen aus der Kirche austreten, dass die Termine beim Amtsgericht bereits mehrere Monate im Voraus ausgebucht sind. Und das, obwohl bereits mehr Personal im Einsatz ist.
Wer derzeit in Duisburg aus der Kirche austreten will, muss viel Geduld haben. Philipp Georg aus Rheinhausen berichtet, dass er seit Mai 2022 versucht hatte, einen Termin beim Amtsgericht Duisburg zu bekommen. Entnervt habe er sich schließlich Ende November entschieden, den Schritt bei einem Notar zu vollziehen. „Das hat mich 130 statt 30 Euro gekostet“, so Georg, „aber ich wollte nicht mehr warten.“Rolf Rausch, Sprecher des Duisburger Amtsgerichts, verweist auf Nachfrage der Redaktion darauf, dass aktuell die zur Verfügung stehenden Kirchenaustrittstermine bis Ende Februar 2023 ausgebucht sind.
Die Zahl jener, die der Kirche den Rücken kehren, sei weiter stark steigend. In diesem Jahr haben demnach in Duisburg bis November bereits 1380 Katholiken und 844
Menschen evangelischen Glaubens ihren Austritt vollzogen.
Zum Vergleich: Von Januar bis Dezember 2021 waren es 882, die die katholische und 672, die die evangelische Kirche verlassen haben, 2020 „nur“526 beziehungsweise 416. Die Zahlen haben sich innerhalb von zwei Jahren also mehr als verdoppelt.
Wie Rausch mitteilt, habe das Amtsgericht auf diese Entwicklung mit deutlich mehr Personal für die Bearbeitung von Kirchenaustrittsangelegenheiten reagiert „und die internen Verfahrensabläufe und Strukturen optimiert“. Seit März 2022 sind demnach im Bereich Kirchenaustritte zwei Mitarbeiterinnen tätig, die jeweils an vier Tagen der Woche jeweils acht Termine wahrnehmen.
Ihr Einsatz überschreite aber bereits jetzt signifikant den hierfür vorgesehenen Personalschlüssel. Die Kapazitäten noch mehr auszuweiten, könne „vor diesem Hintergrund nicht in Betracht gezogen werden“, so Rausch.
Ebenfalls seit März ist eine Terminvereinbarung für einen Kirchenaustritt grundsätzlich nur noch online möglich. Das Amtsgericht Duisburg hatte sich, wie zahlreiche Gerichte, dafür entschieden, dazu das Terminportal der NRW-Justiz zu nutzen, justiztermine.nrw.de .
Derzeit gibt es im Buchungsportal den Hinweis für das Amtsgericht Duisburg, dass neue Termine erst ab dem 1. Januar 2023 wieder zur Verfügung gestellt werden. Direkt am Stichtag gibt es nach Angaben von Amtsgerichtssprecher Rausch die größten Chancen, Termine zu buchen. Allerdings seien derzeit regelmäßig sehr kurzfristig, manchmal auch bereits am Folgetag, keine Termine mehr frei.
„Ich hatte wirklich seit Mai alle zwei Wochen im Portal nachgeschaut, mir auch den Stichtag für neue Termine in meinem Kalender eingetragen und es dann direkt morgens versucht – keine Chance“, sagt Philipp Georg. „An einem einzigen Tag irgendwann im Sommer hatte ich zufällig gesehen, dass ein Termin frei war. Der fiel aber leider in meinen Urlaub.“
Ergänzend wird im Portal darauf hingewiesen, dass durch Stornierungen auch kurzfristig Termine frei werden können. Ansonsten sei eine Buchung grundsätzlich nur für drei Monate im Voraus möglich. Dies bedeutet nach Angaben des Gerichtssprechers in der aktuellen Situation gleichzeitig, dass nach „Wiedereröffnung“des Buchungsfensters Termine bis 31. März 2023 gebucht werden können. Rausch: „Auf die Modalitäten der Buchung haben wir keinen Einfluss.“